© 2010 Reiner Wandler

Fremdsprachen? Nein, Danke!

Es hat Jahre gedauert, bis ich in der Lage war in Spanien eine englischsprachige CD zu kaufen, die ich im Radio gehört habe. „Vallecas-Englisch“, nennt der Angestellte in einem der großen Medienkaufhäusern, der aus eben jenem Madrider Arbeiterstadtteil kommt, wie im Radio Gruppennamen und Titel ausgesprochen werden und grinst dabei. Die englischen Vokabeln werden gelesen, als wären es spanische Wörter. Bei Doppelkonsonanten verschwindet meist einer der beiden, das h von Heavy Metall wird zu einem kratzenden ch, vor st oder sp wird ein e eingefügt, wie bei „Rolin Estones“. Es gibt nur fünf offene Vokale.

Besser verständlich wird es, wenn der Radiosprecher zur Übersetzung greift. AC/DC wird auf spanisch buchstabiert, was sich dann wie Asé Desé anhört und U2 geht als „U Dos“ über den Äther. Und wenn ein Lied von „El Jefe“ angekündigt wird, handelt es sich meist um „Nacido en Estados Unidos“ von einem Herrn aus „Nueva Jersi“.

Wer tatsächlich verstanden hat, was der Sprecher da sagt, muss dies dann im Laden ebenso wiederholen. Sonst gibt es keine CD. Mischt sich das „Espaninglish“ mit einem ausländischen Akzent – wie dies bei mir der Fall ist – bleibt eigentlich nur der Weg zur online-Bestellung.

Doch auch am Computer treibt das Spanisch Blüten. Selbstverständlich werden alle englischen Fachausdrücke übersetzt. Manchmal wird es dabei richtig absurd. So wird die Email umgangssprachlich zu Emilio, was dem deutschen Namen Emil entspricht. Der TV-Sender Telecinco macht aus der Not eine Tugend. Der Privatsender hat die Lizenz für die us-amerikanische Show „Wipe Out“ gekauft. „Guaypaut“ schreiben sie den Programmtitel.

Laut der jüngsten Studie des staatlichen Soziologie-Institutes (CIS) haben 63,1 Prozent der spanischen Bevölkerung überhaupt keine Englischkenntnisse. Nur 22,9 Prozent geben an, ein Gespräch auf Englisch führen zu können. Doch das stört nur wenige. Gerade einmal 8 Prozent der Erwachsenen lernen eine Fremdsprache. Darunter befinden sich auch diejenigen, die in einer zweisprachigen Region leben und deshalb Katalanisch, Baskisch oder Galicisch studieren.

Trotz der Ablehnung des Englischen, oder gerade deshalb, haben die Spanier in den letzten Jahren die USA als Reiseziel entdeckt. „Ich kam perfekt mit Spanisch durch“, erzählen sie dann zu Hause zufrieden. Denn die Hispanos sind in mehreren Staaten auf dem besten Weg zur größten Minderheit zu werden. Und selbst in New York findet sich überall Verkäufer, Kellner und Hotelangestellte mit Wurzeln südlich des Río Grande. Die spanische Königliche Sprachakademie feiert diese Entwicklung Jahr für Jahr mit aktuellen Statistiken. Die Presse berichtet mit Begeisterung und Genugtuung, waren es doch die USA, die dem spanischen Weltreich den endgültigen Todesstoß versetzte.

Wer zu den 22 Prozent gehört, die ein Gespräch auf Englisch führen können, versteckt dies meist. Denn wer korrekt Sting statt Estin sagt, gilt als eingebildeter Schnösel. Falsche Aussprache gehört in Spanien zum guten Ton.

Was bisher geschah: