In Spanien macht sich die Befürchtung breit, die Regierung könne das Wachstum der erneuerbaren Energien ausbremsen. Der Grund ist eine neue Richtlinie, das sogenannten Königlichen Dekret RDL 6/2009 das die erneuerbaren Energien stärker regulieren wird. Eine zentrale Registrierung aller Anlagen wird eingeführt. Nur wer eingeschrieben ist, erhält eine Lizenz. Bei der Photovoltaik ist dies bereits seit Herbst vergangenen Jahres der Fall. Dort ist das zentrale Register mit einer Installationsobergrenze gekoppelt. 2009 dürfen nur 500 MW installiert werden. Im Jahr 2008, bevor das neue Verfahren eingeführt wurde, installierte die Branche 2700 MW. Die Unternehmer befürchten, dass bald überall eine Obergrenze gelten wird.
Eine Bestandsaufnahme der installierten und geplanten Kapazitäten sei nötig, verteigt sich das Industrieministerium, denn „die Energien unter speziellem Regime, sind wegen ihrer Auswirkungen auf die Strompreise unter wirtschaftlicher Sicht kurzfristig ein Risiko für die Nachhaltigkeit des Systems“, heißt es im Dekret. Der Text macht damit die erneuerbaren Energien für das sogenannte „Tarifdefizit“ mitverantwortlich.
Dabei handelt es sich um ein speziell spanisches Problem. Die Regierung legt bisher die Strompreise für die Endverbraucher jeweils zum Jahresbeginn fest. Steigen die Herstellungskosten etwa durch höhere Öl- oder Gaspreise, erhalten Stromerzeuger und Netzbetreiber zum Jahresende den Ausgleich in Form von Ansprüchen gegenüber dem spanischen Staat. Seit 2000 haben sich 14 Milliarden Euro als Tarifdefizit angesammelt.
Dieser Betrag wird in langsamen Schritten auf den Endverbraucher umgelegt. Das Ergebnis: Die Konsumenten von heute lassen sich ihren Strom von den Konsumenten von morgen finanzieren. Für Industrieminister Miguel Sebastián handelt es sich um „ein irrationales und unhaltbares Problem“. Da zum 1. Juli die Strompreise freigegeben werden, um den Wettbewerb zwischen den Anbietern zu fördern, sei diese Praktik nicht länger haltbar. Nach einer Übergangsphase soll 2013 endgültig Schluss sein mit dem Tarifdefizit.
Das Tarifdefizit steigt auch, wenn etwa mehr Sondervergütungen für erneuerbare Energien ausgeschüttet werden müssen, als geplant. Dies geschah durch den unerwarteten Boom bei der Photovoltaik im vergangenen Jahr. Die jetzt angekündigte Registrierung soll die Sondervergütungen für die erneuerbaren Energien berechenbar zu machen. Die Regierung will ein unkontrolliertes Wachstum um jeden Preis verhindern. Kandidat dafür ist vor allem die Thermoelektrik. 500 MW sind bis Ende 2010 im derzeit gültigen Dekret für Sondereinspeisevergütungen vorgesehen. Tatsächlich werden es, laut Ministeriums, 730 MW sein. Und bei den Behörden liegen Anträge für weitere 14.000 MW vor.
„Auch bei der Windenergie halten sich die Regionalregierungen nicht an die Vorgaben“, heißt es aus dem Industrieministerium. In den Regionen kursierten Pläne, die bis 2010 40.000 MW vorsähen. Madrid wünscht allerdings nur 20.155 MW für diesen Zeitraum. Deshalb sei auch hier ein Register nötig.
„Wir werden gerade so das Ziel für 2010 erfüllen“, widerspricht der technische Direktor des spanischen Windverbandes (AEE), Alberto Ceña. Ende 2008 waren 16.740 MW an Windenergie installiert. „Wir sind ein planbare Größe und sicher nicht am Tarifdefizit schuld“, fügt er hinzu.
„Das RDL zeigt ganz klar den Widerspruch zwischen den politischen und programmatischen Erklärungen zugunsten der erneuerbaren Energien durch Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero und den tatsächlichen Entscheidungen des Industrieministeriums“, beschweren sich sechs der wichtigsten Verbände der Branche in einem gemeinsamen Schreiben. Die Sechs verlangen endlich ein Gesetz für erneuerbare Energien. „Die ständige Änderung der Normen zum Ausbau der erneuerbaren Energien“ führe zu einer Rechtsunsicherheit. Das schrecke Investoren ab.