Es war kein leichter Wochenbeginn für den Wirtschaftsminister Spaniens und Vizechef der sozialistischen Regierung, Pedro Solbes. Er wurde gleich mit zwei unliebsamen Wahrheiten konfrontiert. Spanien ist das erste Land der EU, das eine Deflation vermeldet. Und das bislang als sicher gepriesene Bankensystem läuft auch nicht so gut wie erhofft. Erstmals müssen nämlich Zentralbank und Regierung mit der Caja Castilla – La Mancha (CCM) eine regionale Sparkasse retten. Weitere spanische Geldinstitute könnten noch folgen.
Die gestern bekannt gegebenen Zahlen des Nationalen Statistik- amtes belegen, Spanien steckt in der Deflation. Im März liegen die Verbraucherpreise 0,1 Prozent unter denen des gleichen Monats im Vorjahr. Während dies in den Wirtschaftspressediensten europaweit für Schlagzeilen sorgte, warnte der spanische Wirtschaftsminister Solbes davor, „die Zahlen überzubewerten“. Von einer Deflation könne man erst reden, „wenn die Preise mehrere Monate hintereinander sinken“. Die Zahlen vom März seien einzig und alleine dem zurückgegangenen Erdölpreis zuzuschreiben, versuchte Solbes die schlechte Nachricht kleinzureden. Dies gelang ihm zumindest teilweise. Denn der Preisverfall wurde in Spanien selbst viel weniger wahrgenommen als in den übrigen europäischen Ländern.
Der Grund dafür war eine andere negative Meldung aus der Wirtschaft: Am Sonntagabend gab die Regierung nach einer Dringlichkeitssitzung des Kabinetts bekannt, dass erstmals eine der regionalen Sparkassen vor dem Zusammenbruch stehe. Der Caja Castilla – La Mancha – die Nummer elf im spanischen Kassenranking – wurde als erstes Geldinstitut die schlechte Zahlungsmoral ihrer Schuldner zum Verhängnis.
Fünf Prozent der Kredite sind säumig, so die offiziellen Zahlen. Das macht mehr als drei Mrd. Euro Außenstände. Die meisten dieser Schuldner sind große Bauherren, die auf den von der CCM vorfinanzierten Projekten sitzenbleiben. Vermutlich ist die Quote der Säumigen weit höher. Denn die CCM lagerte die schlechtesten Kredite in eine eigens gegründete Gesellschaft aus, um die Kassenbilanz zu schönen. Außerdem kaufte sie von Schuldnern Immobilien auf. Deren Preise sind in den vergangenen Monaten stark gesunken.
Jetzt übernimmt die Regierung eine Bürgschaft in Höhe von neun Milliarden Euro. Die Zentralbank wird der CCM die nötigen Geldmittel zur Verfügung stellen. Die Regierung hatte mit ihren Maßnahmen lange gewartet. Denn bis zum Schluss hofften sie auf eine Übernahme der CCM durch die regionale Kasse aus Andalusien, Unicaja.
Als diese vergangenen Woche bekannt gab, dass es dazu nicht kommen werde, hoben viele Anleger ihre Gelder bei der CCM ab. Regierung und Zentralbank griffen im letzten Augenblick ein. Die Milliardenbürgschaft soll der CCM die nötige Zeit verschaffen, um einen neuen Partner zu suchen.
Die Krise der CCM zeigt, wie schnell ein vermeintlich gesundes Geldinstitut in die Krise geraten kann. Noch vor einem Jahr hatte die CCM Rücklagen für eine Deckung von 300 Prozent der säumige Kredite. Zuletzt waren es gerade noch 50 Prozent. Und genau dies dürfte so manchem im Wirtschaftsministerium und bei der spanischen Zentralbank schlaflose Nächte bereiten. Denn wie im Januar verlautet, können – alle Banken und Sparkassen zusammengenommen – 3,8 Prozent der Kredite nicht mehr zurückgezahlt werden.
Zum Jahresende könnten es freilich schon sieben bis neun Prozent sein. Dies würde dann die Rücklagen der Banken und Sparkassen für solche Fälle endgültig sprengen. Weitere Geldinstitute dürften dann der Caja Castilla folgen. „Die Perspektive Spaniens ist angsteinflößend“, sagte der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman erst jüngst in Madrid./ Foto: Wikimedia Commons