© 2008 Reiner Wandler

Ausgetrocknet


Der spanische Nationalpark Tablas de Daimiel läuft Gefahr von der UNESCO-Liste der Biosphärenreservate gestrichen zu werden. Denn das Feuchtgebiet 180 km südlich von Madrid unweit der zentralspanischen Stadt Ciudad Real ist seit Jahren ausgetrocknet. Das ist nicht etwa das Ergebnis der lang anhaltenden Trockenheit unter der die Iberische Halbinsel leidet. Die fortschreitende Verwüstung des Gebietes ist die Folge exzessiver Landwirtschaft. Aus der 5.500 km2 großen Grundwasserschicht 23, in der sich die Tablas de Daimiel befinden, wird seit Ende der 70er Jahre mehr Wasser entnommen, als durch die Niederschläge nachfließt.

Wo einst 1000 Hektar Land unter Wasser standen und riesige Schwärme von Zugvögel Rast machten, steht heute nur noch vertrockneter Schilf. Bis auf eine 18 Hektar kleine Fläche, sind die Lehmböden überall ausgetrocknet und aufgerissen. Die Stege, auf denen die Besucher promenieren, stehen schon lange auf dem Trockenen. Es gibt kaum noch Wasservögel. Und im Flussbett des Guadianas, einer der beiden Zuflüsse der Tablas de Daimiel, wachsen Sträucher und Bäume.

Die Tablas de Daimiel liegen dort wo zwei Flüsse zusammenlaufen – der Cigüela und der Guadiana. Der Cigüela ist der typische südspanische Fluss, der im Frühjahr und Frühsommer viel Wasser führt, und im Sommer und Herbst fast vollständig austrocknet. Doch das Problem ist nicht der Cigüela sondern der Guadiana. Er ist ein ganz besonderer Fluss. Der Guadiana kommt aus den Bergen. Schon nach wenigen Kilometern versickert er im Kalkgestein um 40 Kilometer weiter nur unweit von den Tablas de Daimiel in den Ojos del Guadiana wieder aufzutauchen. So war das zumindest bis 1987. Seither tritt kein Tropfen mehr an den Tag. Das Flussbett ist heute landwirtschaftliche Nutzfläche.

Schuld daran haben die 60.000 illegale Brunnen, die die Landwirte der Region unterhalten. Denn sie pumpen dreimal soviel Wasser ab, wie im Bewässerungsplan legal vorgesehen ist. Der Grundwasserspiegel wurde so auf 23 Meter unter der ehemaligen Austrittsstelle abgesenkt.

„Die UNESCO entzieht den Tablas de Daimiel nicht etwa den Schutz. Vielmehr waren die Tablas nie ernsthaft geschützt. Seit 28 Jahren tut die Regionalregierung nichts, um das Gebiet zu wahren“, erklärt José Manual Hernández von der Umweltschutzorganisation Ecologistas en Acción. Hernández sitzt im Aufsichtsrat des Naturschutzgebietes. Seit Jahren fordert er, dass die Tablas de Daimiel aus der UNESCO-Liste gestrichen werden. „Ihr Schutz diente immer wieder als Ausrede, um aus anderen Regionen per Pipelines Wasser nach Ciudad Real zu transferieren.“ Hernández verlangt eine drastische Verringerung der bewässerten Anbauflächen rund um die Tablas de Daimiel. Nur so könne das Feuchtgebiet langsam aber sicher zurückgewonnen werden.

„Die Lage ist mehr als ernst“, erklärt auch Javier Viñuela, der für die Sitzung des zuständigen Ausschusses der UNESCO am 13. Juni einen Zustandsbericht der Tablas de Daimiel vorbereitet hat. Er hofft, dass der von den spanischen Behörden entworfenen Dringlichkeitsplan umgesetzt wird. Dieser sieht vor, die illegalen Brunnen zu legalisieren und dann die Entnahmemengen neu festzulegen. Wer weniger Wasser verbraucht, als ihm zusteht, soll mit den Rechten handeln dürfen. Dieser Plan soll den Grundwasserspiegel in 20 Jahren wieder auf sein altes Niveau anheben. Drei Milliarden Euro will sich Spanien die Reform kosten lassen. „Es ist leider nicht der erste Plan“, sagt Viñuela mit resigniertem Unterton.

Was bisher geschah: