Spaniens Atomindustrie sorgt erneut für Schlagzeilen. Wie jetzt bekannt wurde, kam es im Atomkraftwerk Trillo in der zentralspanischen Provinz Guadalajara zu mehreren schweren Zwischenfällen. Vergangenen Woche musste das Kraftwerk auf 39 Prozent seiner Leistung heruntergefahren werden. Ein Pumpe des Reaktorkühlsystems versagte, nachdem die Schaltkreise zur Messung der Temperatur im Kern falsche Ergebnisse lieferten. Die spanische Aufsichtsbehörde stuft den Vorfall als „leicht“ ein. Die Umweltschutzorganisation Ecologistas en Acción hingegen spricht von „schweren Mängeln in der Reaktorsicherheit“. „Fehler bei der Durchflussmenge im Kühlsystem des Reaktorkerns gehören zu den gefährlichsten Situationen, die in einem AKW eintreten können“, heißt es in einem Kommuniqué der Organisation.
Es ist nicht das erste Mal, dass Trillo in den letzten Monaten von sich Reden macht. Im März fielen Kontrollstäbe im Kern aus. Außerdem verschwand beim Wechseln der Brennstäbe eine Schraube. Beide Male musste das AKW heruntergefahren werden. Für Ecologistas en Acción kommen die zunehmenden Sicherheitsmängel nicht von ungefähr. Im AKW Trillo wurde im Rahmen eines Sparprogramms die Belegschaft reduziert. Das gleiche geschah in Almaraz in der südspanischen Provinz Cáceres in einem weiteren AKW der gleichen Betreiberfirma. Auch dort kommt es seither verstärkt zu Pannen bei so gefährlichen Arbeiten wie dem Wechseln von Brennstäben.
Erst vor wenigen Wochen deckte Greenpeace einen weiteren schweren Zwischenfall auf. Im katalanischen AKW Ascó war radioaktiver Staub ausgetreten. Monatelang wurde dieser Zwischenfall verschwiegen. Erst als Greenpeace Alarm schlug untersuchte die spanischen Aufsichtsbehörde das Gelände und die Gegend um das AKW. An mehreren Stellen wurde Kobalt gefunden.
Die Zwischenfälle kommen der Atomlobby alles andere als gelegen. In den letzten Monaten werden immer mehr Stimmen laut, die den Bau weiterer AKWs fordern. Die 40 Unternehmen, die im Verband der Großen Energiekonsumenten (AEGE) zusammengeschlossen sind, wollen mit dem Ausbau der Atomenergie billigen Strom für sich sichern. Die Unternehmen, meist aus der Metall- und Zementbranche, konsumieren 15 Prozent der spanischen Elektrizität. Sie wollen sich gar am Bau eines AKWs beteiligen.
Spaniens Regierung unter dem Sozialisten José Luis Rodríguez Zapatero hat bisher auf diesen Vorschlag nicht reagiert. In Spanien gibt es seit 1983 einen Baustopp für AKWs. Zur Zeit sind in Spanien noch acht Werke in Betrieb. Spanien ist neben Deutschland das einzige europäische Land, das die erneuerbaren Energien mit Hilfe von Einspeisevergütungen unterstützt.