© 2008 Reiner Wandler

AKW-Störfall verheimlicht


Die Betreiber des spanischen Atomkraftwerkes Ascó verheimlichten fünf Monate lang einer schweren Störfall, bei dem Radioaktivität in die Umwelt abgegeben wurde. Dies machte am Wochenende Greenpeace öffentlich. „Wir bekamen Hinweise aus dem Werk selbst“, erklärt der Anti-AKW-Experte der Umweltschutzorganisation Carlos Bravo. Mindestens fünf Curie Strahlung gehe von dem aus dem AKW unweit der katalanischen Stadt Tarragona entwichenen Kobalt aus. Die Betreiberfirma, die den beiden großen spanischen Energieerzeuger Endesa und Iberdrola gehört, versucht den Vorfall herunter zu spielen. Die freigesetzte Strahlung belaufe sich auf 0,00001 Curie. „Das ist lächerlich“, hält Bravo dagegen. Ein Gramm Kobalt strahlt mit 50 Curie. Die von Greenpeace beklagte Menge von fünf Curie entspricht damit einem Zehntel Gramm der hoch aktiven Substanz. „Doch was die Betreiber angeben wären eine so geringe Menge, dass sie kaum aufzufinden wäre“, weiß der Greenpeace-Mann.

Die spanische Aufsichtsbehörde, der Rat für Nuklearenergie (CSN), schickte nach der Pressemitteilung von Greenpeace überstürzt ein Team vor Ort. An 150 Stellen des mehreren Quadratkilometer großen AKW-Geländes wurde mittlerweile Radioaktivität festgestellt. Aus dem Gelände sei das Kobalt jedoch nicht entwichen. Auch das bezweifelt Bravo. Die Substanz sei nicht nur auf den Boden des Geländes gelangt, sondern auch auf die Dächer der Einrichtung und an die Außenzäune. „Der Wind hat die Kontamination sicher kilometerweit verbreitet“, beschwert sich der Greenpeace-Spezialist.

Mittlerweile geben die Betreiber zu, dass es beim Wechseln der Brennstäbe im November zu einem Zwischenfall gekommen sei. Die Luftfilter hätten damals 99,95 Prozent der „Verunreinigung“ zurückgehalten. Nur wenig sei an die Außenseite der Filter gelangt. Der CSN sei rechtzeitig informiert worden.

Greenpeace wundert sich, warum die Messtrupps des CSN dann erst nach der Presseerklärung vom Wochenende angerückt sind. „Dafür gibt es nur zwei Erklärungen. Entweder sie haben den Vorfall wissentlich verheimlicht, oder sämtliche Kontrollmechanismen haben versagt.“ Beides bedeutete „ein kriminelles Vorgehen“. Sollte der Vorfall wirklich das Ausmaß haben, von dem Greenpeace ausgeht, hätte das Technische Hilfswerk eingeschaltet und ein Voralarm ausgelöst werden müssen. Die Greenpeace-Anwälte prüften gestern, ob sie Anzeige erstatten.

Der Fall Ascó erinnert stark an einen anderen schweren Vorfall aus dem Jahre 2004. Damals lief das den selben Betreibern gehörende AKW Vandellos II weiter, obwohl Rohre des Systems zur Kühlung des Kerns schwere Korrosionsschäden aufwiesen. Erst nachdem Arbeiter Greenpeace alarmierten, wurde das AKW abgeschaltet.

Bislang schweigt sich das für die Atomenergie zuständige Industrieministerium aus. In der vergangenen Legislaturperiode hatten Umweltschützer zusammen mit mehreren kleineren Linksparteien einen Gesetzesentwurf ausgearbeitet, der vorsah, AKW-Betreiber, die Vorfälle verheimlichen, mit einer Strafe zu belegen, die doppelt so hoch ist wie die im fraglichen Zeitraum erzielten Gewinne. Die sozialistische Regierungspartei PSOE von José Luis Rodríguez Zapatero und die konservative Partido Popular stimmten das Projekt nieder.

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