Jedes Jahr im Februar lechzt der Markt in Mittel- und Nordeuropa regelrecht nach den frühen Erdbeeren, die in Spanien unter Folienzelten wachsen. 10.000 Euro lassen sich mit einem Hektar verdienen. Aber das Ganze hat einen kleinen Schönheitsfehler. Viele Erdbeerproduzenten, sind „doppelt illegal“. Das heißt, sowohl das Land, auf dem die Beeren wachsen, als auch das Wasser, mit dem sie gegossen werden, nutzt der Bauer widerrechtlich.
Überall rund um das weitverzweigte Mündungsdelta des einzigen schiffbaren Flusses Spaniens, des Guadalquivir, fressen sich die illegalen Obstplantagen in die Gemeindewälder. Die Region sieht aus wie ein Mosaik aus in der Sonne glänzenden Folienzelten und den Resten des einst zusammenhängenden mediterranen Pinienwaldstücks. Von den 6.000 Hektar Erdbeerfeldern befinden sich 2.000 auf Gelände, das nie für Landwirtschaft ausgewiesen wurde. Beim Wasserverbrauch sieht es noch schlimmer aus: Zwischen 50 und 70 Prozent stammen aus illegalen Grundwasserbrunnen.
Die Auswirkungen des Raubbaus an der Natur sind längst überall zu sehen. Kleine Wasserläufe, die das gesamte Delta durchziehen, trocknen immer häufiger aus. Die Vegetation, die einst die Ufer gestützt hat, ist eingegangen, die Folge: Bodenerosion. Überall liegen Plastikfolien herum, der Wind hat sie aus den Plantagen herübergeweht. Vor Jahren sah es noch schlimmer aus. Mittlerweile wird der Großteil der jährlich 4.500 Tonnen Plastik eingesammelt und recycelt.
Am meisten aber leidet der Nationalpark Doñana unter dem unkontrollierten Erdbeeranbau und seinen Folgen. Der Rocina-Fluss führt heute nur noch halb so viel Wasser wie vor 30 Jahren. Der Rocina ist zwar nicht der größte der vier Flüsse, die das Mündungsdelta im Doñana speisen. Doch im Gegensatz zu den anderen führt er fast das ganze Jahr über Wasser und reguliert so den Wasserstand des 100.000 Hektar großen Feuchtgebietes, das alljährlich sechs Millionen Zugvögeln als Rastplatz auf ihren Flügen dient. Früher versiegte der Fluss jedes Jahr gegen September, und im Oktober begann es dann wieder zu regnen. Aber in den letzten fünf Jahren ist schon im Juni Schluss gewesen. Die Lagunen werden immer kleiner, Teile des Feuchtgebietes versteppen, und durch das Abholzen des Waldes nimmt die Bodenerosion weiter zu. Die Flüsse schwemmen immer mehr Sand in das weit verzweigte System aus Bächen und Lagunen – das Land wächst und verdrängt das Wasser.