© 2007 Reiner Wandler

Wo es sich die Machos gut gehen lassen

Spanien ist ein Paradies für richtige Machos. Mein Nachbar – ein rüstiger Rentner – geht jeden Tag früh aus dem Haus. Nach einem ausführlichen Spaziergang kommt er mit der Zeitung unterm Arm zurück. Kurz darauf geht seine Frau zum Einkaufen. Zwar liegen die Geschäfte auf seinem Weg. Doch ist er sich zu fein, auch nur das Brot zu kaufen. Auch in der jüngeren Generation hat sich nicht viel geändert. Wochenende für Wochenende füllen sich die Parks mit Müttern und ihren Kindern. Die stolzen Erzeuger sind derweil mit ihren Kumpels in der Kneipe oder auf dem Fußballplatz. Und ein ganz besondere Eigenheit der spanischen Männerwelt: Sie schicken die Frauen in der Eisenwarenhandlung, um nach Nägeln, Schrauben und Werkzeug Schlange stehen. „Wenn es nicht das ist, was Jose wollte, kann ich es dann umtauschen?“ lautet die häufigste Frage.

Klischees? Leider nein. Jahrelang hat das Ministerium für Arbeit und Soziales Aufklärungskampagnen für die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau im Fernsehen und auf den Plakatwänden geschaltet. Eine Studie zeigt, was es gebracht hat: Die Männer verbringen 44 Minuten pro Tag mit Hausarbeit. Das sind ganze sieben Minuten mehr als noch vor fünf Jahren. Ihre Lebenspartnerinnen hingegen widmen Töpfen und Besen volle vier Stunden.

Natürlich spart der Macho seine „Mehrarbeit“ an anderer Stelle ein. Heute widmet er mit täglich 51 Minuten Kindern und Familie fünf Prozent weniger Zeit als noch 1996. Behördengänge und sonstige Dienstleistungen, einst eine Männerdomäne, erledigen beide gleichberechtigt. Und auch die Aufgaben des Mannes im traditionellsten Sinne, werden immer öfter von ihr verrichtet. Viele Frauen betätigen sich als Heimwerker. Im Schnitt stehen sie 27 Minuten am Tag mit der Bohrmaschine auf der Leiter oder streichen die Wohnung. Er bringt es mit 55 Minuten gerade einmal auf das Doppelte.

Insgesamt widmen die Frauen 7 Stunden 22 Minuten pro Tag den Arbeiten rund ums Heim, die Männer nur 3 Stunden 10. Wen wundert es, dass bei so viel Ungleichheit auch die Beziehung leidet? Immer mehr Frauen verzichten auf den arbeitsintensiven Macho. In den letzten fünf Jahren ist die Zahl derer, die getrennt leben um 23,6 Prozent gestiegen und die Zahl der Scheidungen um 22,7 Prozent. Nicht alle treu gammelnden Ehemänner nehmen einen solche drastische Entscheidung ihrer Partnerin so einfach hin. In den letzten Jahren stieg die Zahl der Frauen, die nach Misshandlungen durch ihren Partner starben um 34 Prozent.

Ein Flop für das Ministerium und seine Kampagne auf ganzer Ebene, wäre da nicht die Statistiken von den Universitäten: Die jungen Frauen überrunden hier die Jungs. Nicht nur in Zahl der Studentinnen, sondern auch was die Noten angeht. Nutzen tut dies wenig: Spanien hat die niedrigste Beschäftigungsquote bei Frauen in der gesamten EU. Und das obwohl das Bildungsniveau der Frauen deutlich höher als das der Männer ist. Speziell der Arbeitsmarkt für Akademiker ist reine Männersache. Weibliche Spitzenkräfte in der Privatwirtschaft sind faktisch inexistent. Bei den Anwälten nahm der Frauenanteil in den letzten fünf Jahren um nur 3,5 Prozent zu, bei den Unidozenten um acht Prozent. Nicht einmal 30 Prozent der Parlamentsabgeordneten sind Frauen. Und in der Industrie verdienen Frauen bei gleicher Qualifikation 28 Prozent weniger als ihre männliche Kollegen.

Was macht er mit seiner Freizeit? Des Spaniers liebste Beschäftigung, um der Familie aus dem Weg zu gehen, ist nach wie vor der Longdrink mit den Kollegen nach der Arbeit und der allsonntägliche Gang auf den Fußballplatz. Doch auch die Kultur kommt nicht zu kurz, wie eine Untersuchung in Madrid zeigt. Gemeint ist damit nicht der Hang zur Malerei. Denn das meistbesuchteste Museum der Hauptstadt ist nicht etwa die Nationalgalerie Prado sondern das des Fußballclubs Real Madrid.

Was bisher geschah: