© 2007 Reiner Wandler

Selbst ist der Christenmensch

„Alles kann ich, Dank dem, aus dem ich meine Kraft schöpfe“, hat Justo Gallego mit kunstvoll geschwungenen Kreidelinien auf eine Betonwand geschrieben. Ein Blick auf das Werk des 1926 geborenen genügt: Glauben scheint tatsächlich in der Lage zu sein, Berge zu versetzen, oder wie in diesem Falle Gebäude zu errichten.

Justo Gallego, Sohn einer reichen Landbesitzerfamilie in Mejorada del Campo, baut seit 40 Jahren an einer Kathedrale zu Ehren der „Virgen del Pilar“ – der Jungfrau auf der Säule. Eine Baugenehmigung hat er ebenso wenig, wie einen Architekten oder Statiker. Das in mühsamer Eigenarbeit entstandene Gebetshaus, ist längst das höchste Gebäude im 16.000-Seelen-Dorf vor den Toren Madrids. Höher als die Dorfkirche ragt der Tempel zu Ehren der Schutzpatronin Spaniens in den Himmel. Und das obwohl die Zwillingstürme erst zur Hälfte errichtet wurden. 105 Treppen führen auf knapp 30 Meter Höhe, doppelt so hoch sollen sie werden. Das 50 mal 20 Meter große Hauptschiff ist fertig gestellt. Es fehlt nur noch das Dach. Bisher ist es nur notdürftig mit Wellblech gedeckt. Die Kuppel aus Stahlprofilen über dem künftigen Altarraum ist trotz fehlender Verglasung längst zum Wahrzeichen Mejoradas geworden. Die Kupferne Kugel und das überdimensionale Kruzifix, das sie krönen, sind von weither sichtbar. An die Kathedrale schließt ein weiterer Gebäudekomplex mit einem Säulenhof an. Dort sind zwei Wohnungen und eine Kapelle untergebracht.

Das Motiv für seine ungewöhnliche Bauwut ist die Dankbarkeit angesichts der Heilung von einer schweren Tuberkulose. Die Krankheit hatte Justo Gallego einst zum Abbruch eines Priesterstudiums gezwungen. Er musste das Kloster verlassen.

 







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