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Cristiano Ronaldo der Finanzen

Die Eurogruppe hat mit dem portugiesischen Wirtschaftsminister Mário Centeno einen Starspieler zum Chef gemacht. So dürfte dies zumindest sein ehemaliger deutscher Amtskollege Wolfgang Schäuble sehen. „Der Cristiano Ronaldo der europäischen Wirtschaftsminister“ nannte dieser Centeno einmal. Der Grund: Centeno hatte sein Heimatland brillant aus der Krisenzone manövriert. Und – das würde Schäuble wohl gerne vergessen – dabei die harte Spardoktrin aus Brüssel und Berlin nicht befolgt. Jetzt löst der Mann, der vor gerade einmal zwei Jahre aus der portugiesischen Zentralbank in die Politik wechselte, den bisherigen Eurogruppenchef und Austeritätsfanatiker Jeoren Dijsselbloem ab. Centeno, der als Favorit der deutschen Bundesregierung galt, setzte sich gegen drei Mitbewerber durch.

Der 50-jährige Doktor der Wirtschaft durch die us-amerikanische Havard Universität kandidierte 2015 als Unabhängiger auf der Liste der Sozialisten, deren Wirtschaftswahlprogramm er verfasst hatte. Als Sozialisten-Chef António Costa erfolgreich eine Linksregierung bildete, wurde der liberale Centeno zum Wirtschaftsminister. Die neue Regierung weichte die Sparpolitik auf und hatte damit Erfolg. Das zweite Jahr in Folge wird Portugal unter der drei Prozent Hürde für das Defizit bleiben, und das bei steigenden Sozialausgaben und der teilweisen Rücknahme der Sparpolitik der konservativen Vorgängerregierung. Schäuble war zu Beginn von dieser Politik alles andere als begeistert. Er prophezeite Portugal gar den Staatsbankrott und die Notwendigkeit eines weiteren Rettungspaketes und lag damit falsch.

Portugal wurde stattdessen vor wenigen Monaten aus dem Defizitverfahren der Europäischen Union entlassen und ist damit wieder Herr der eigenen Politik. Zuletzt kündigte Centeno gar die vorzeitige Rückzahlung von 2,8 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfond (IWF) an. Der Betrag wäre eigentlich erst zwischen Juni 2020 und Mai 2021 fällig gewesen. Damit hat Lissabon bereits 76 Prozent der insgesamt 26 Milliarden Euro Finanzhilfe des IWF viel früher als geplant zurücküberwiesen. Die Rating-Agenturen danken es mit einer Anhebung der Einstufung des kleinen südwesteuropäischen Landes.

Der verheiratete Vater dreier Kinder, der neben dem Doktortitel einen Master in angewandter Mathematik sein eigen nennt, hat in den letzten beiden Jahren seine Fähigkeiten zum Dialog bewiesen. Zum einen musste er trotz seines Nein zur harten Austerität mit Schäuble und mit seinem Vorgänger Dijsselbloem zurechtkommen, zum anderen musste er zu Hause die Parteien links der Sozialisten zufriedenstellen, die die Minderheitsregierung Costas stützen. Sie hätten die Sparpolitik gerne noch weiter aufgeweicht als das Duo Costa – Centeno.

Dieses Geschick und seine wirtschaftlichen Erfolge haben ihn wohl dahin gebracht, wo er jetzt steht. Centeno, der aus einer einfachen Familie aus der südportugiesischen Algarve-Region stammt, will die gemeinsame Währung besser auf künftige Krisen vorbereiten. Es gelte den „Euro zu vervollständigen“, erklärte er im Sommer bei einem Vortrag an einer Universität Santander in Spanien./Foto: Governo Portugal.

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