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Tunesien stellt sich dem Terror

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„Wir befinden uns in einem Krieg gegen den Terror“, erklärte Tunesiens Präsident Beji Caid Essebsi in einer Fernsehansprache am Mittwochabend, wenige Stunden nach dem Überfall auf das Nationalmuseum Bardo in Tunis. 23 Menschen – 20 Touristen, ein Busfahrer, eine Museumsangestellte, sowie ein Polizist – fielen den Kugeln der Attentäter zum Opfer. 44 Menschen – 34 Ausländer und zehn Tunesier – wurden teilweise schwer verletzt. Mehrere Verletzte kämpfen nach wie vor ums Überleben.

Zwei Täter wurden bei der Erstürmung des Museums durch die Polizei erschossen, einer verhaftet. Neun weitere Verdächtige wurden am Donnerstagnachmittag festgenommen. Vier von ihnen sollen „in direkter Verbindung“ mit dem Attentat stehen. Fünf weitere sollen mit der verantwortlichen „Zelle“ Verbindung haben. Kurz danach bekannte sichDie Extremistenmiliz Islamischer Staat – Daech- zu dem Anschlag, In einer am Donnerstag im Internet verbreiteten Audiobotschaft wurden die Täter zu „Rittern des Islamischen Staates“ ernannt.

Bei den beiden toten Attentäter handelt es sich um Yassine Laabidi Hatem Khachnaoui. Laut Presse ist Laabadi 34 Jahre alt und stammt aus einem Vorort von Tunis. Sein Komplize sei 21 und komme aus der Nähe von Kasserine im Landesinneren. Beide sollen laut mehreren Nachrichtenseiten vergangenen Dezember nach militärischer Ausbildung im benachbarten Libyen und Kampfeinsätzen in Syrien auf Seite der Milizen des Islamischen Staates in ihre Heimat zurückgekehrt sein. Premier Habib Essid musste eingestehen, dass Laabidi von den Sicherheitskräften beobachtet wurde – ohne Erfolg wie sich jetzt zeigte.

Welche Nationalität die ausländischen Opfer haben, ist nach wie vor nicht vollständig geklärt. Unter den toten Touristen befinden sich laut Regierungsangaben drei Japaner, ein spanisches Ehepaar, Spanier, zwei Franzosen, ein Kolumbianer, ein Pole, ein Australier, eine Britin, eine Belgierin und eine Italienerin. Zunächst hatte die tunesische Regierung auch ein Opfer aus Deutschland gemeldet. Bei späteren Stellungnahme war davon allerdings nicht mehr die Rede.

Es war am Mittwoch um die Mittagszeit, als die Angreifer das Feuer gegen eine Gruppe von Museumsbesucher eröffnete, die aus einem Reisebus stiegen. Ob sie ursprünglich das benachbarte Parlament angreifen wollten, wo ein Antiterrorgesetz debattierte wurde und von den Ordnungskräften zurückgeschlagen wurden, ist weiterhin unklar.

Ein Reiseführer beschreibt einen „25-jährigen Mann, normal gekleidet und ohne Bart“, der plötzlich mit einer Kalashnikov auftauchte „und das Feuer eröffnete“. Zusammen mit mindestens einem Komplizen stürmten er das Museum, in dem sich rund 200 Besucher aufhielten.

„Sie schossen auf alles, was sich bewegte“, berichtet Josep Lluis Cusidó, Bürgermeister des spanischen Vallmoll, der – wie die meisten Opfer – mit dem Kreuzfahrschiff „Costa Fascinosa“ in Tunis war. Cusidó konnte sich verstecken. „Sie befanden sich nur zwei Meter von mir entfernt“, beschreibt der Spanier im Radio den Alptraum. Als die Polizei das Gebäude stürmte, wurde er unversehrt gerettet.

„Diese barbarische Minderheitengruppe wird uns nicht ängstigen, und der Kampf gegen sie wird andauern, bis sie vernichtet ist“, bekräftigte Präsident Essebsi seine Entschlossenheit im Kampf gegen den Terror. Der Vorsitzende der islamistischen Partei Ennahda, zweitstärkste Kraft im tunesischen Parlament, Rachid Ghannouchi verurteilte ebenfalls den „Anschlag auf die junge tunesische Demokratie. Aus dem Ausland kamen zahlreiche Solidaritätsadresse. „Wir werden alles tun, was in unserer Kraft steht, um Tunesien zu helfen“, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag im Bundestag.

Auf dem Boulevard Habib Bourguiba in der Hauptstadt Tunis gingen am Mittwochabend spontan Tausende gegen den Terrorismus auf die Strasse. Sie sangen immer wieder die Nationalhymne, wie einst in den Tagen vor dem Sturz des langjährigen Diktators Zine el-Abidine Ben Ali am 14. Januar 2011. Am Donnerstag versammelten sich abermals Tausende von Menschen zu einer Schweigekundgebung in der Nähe des Museum, zu der ein Bündnis aus 30 Parteien, Gewerkschaften und Organisation gerufen hatte.

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