© 2014 Reiner Wandler

Grünes Licht für Probebohrungen

canarias

Der Oberste Gerichtshof Spaniens macht endgültig den Weg für Erdölsuche vor den Kanarischen Inseln frei. Die Richter in Madrid weißen sieben Klagen unterschiedlicher Inselbehörden und Umweltschutzorganisationen ab. Das wurde am Dienstag Nachmittag bekannt. Die Begründung wird in den nächsten Tagen veröffentlicht. Nachdem bereits knapp vier Wochen das spanischen Umweltministerium den Probebohrungen die Unbedenklichkeit bescheinigte, steht jetzt nur noch die Zusage aus dem Industrieministerium aus. Doch das ist reine Formsache. Denn die konservative Regierung unter Mariano Rajoy stellt sich seit Jahren hinter das Vorhaben des spanischen Konzerns Repsol nach Erdöl im Atlantik rund um die Kanaren zu suchen.

Das Unternehmen könnte noch diesen Sommer mit den Bohrungen beginnen. Nach dem Gerichtsurteil kann an insgesamt neun Stellen vor den beiden Inseln Fuerteventura und Lanzarote gesucht werden. Jede Bohrung kostet rund 100 Millionen Euro. Repsol will sich deshalb erst einmal mit zwei Sondierungen begnügen. Diese sollen unweit der marokkanischen Gewässer stattfinden. Dort hatte der britische Konzern Cairn Energy im März Öl gefunden. Die Bohrungen wurden aber anschließend wieder zugeschüttet. Das Öl sei von schlechter Qualität, heißt es von marokkanischer Seite.

Der Präsident der Inselregierung Paulino Rivero will trotz des Urteils nicht klein beigeben. Er kündigte weiteren Widerstand „auf juristischer, politischer und sozialer Ebene“ an. Im Notfall wolle er bis vor die entsprechenden europäischen Instanzen ziehen. Als erster Schritt will er auch gegen die noch ausstehende Genehmigung seitens des Industrieministeriums Klage erheben. Diese Genehmigung schmerzt auf den Kanaren besonders. Denn Industrieminister José Manuel Soria kommt aus Gran Canaria.

Auch der Hotel- und Gaststättenverband kündigte weitere Proteste und gerichtliche Schritte an. Er fürchtet um das Geschäft mit Strand und Sonne, sollte bei den Bohrungen etwas schief gehen.

Und die Umweltschutzorganisationen werden weiterhin die Bevölkerung mobilisieren. Anfang Juni gingen, nach der Unbedenklichkeitsbescheinigung aus dem Umweltministerium, Zehntausende auf den sieben Inseln auf die Straße. Am Dienstag versammelten sich erneut überall auf den Kanaren zahlreiche Gegner der Bohrungen. Inselpräsident Rivero und die Umweltschutzorganisationen überlegen, ob sie ein Referendum zur Erdölsuche durchführen sollen./Foto: arribalasqueluchan

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Meine Meinung

Falscher Weg

Spaniens konservative Regierung dreht die Uhr zurück. Nicht nur im Sozialbereich und bei Bürgerrechten, sondern auch in der Energiepolitik. Ministerpräsident Mariano Rajoy scheint sich das Motto der Republikaner in den USA zu eigen gemacht zu haben: „Bohr Baby, bohr!“ forderten sie einst die Erdölsuche vor der Küste der USA statt des Ausbaus erneuerbarer Energieformen. Auch Rajoy sieht den vermeintlichen Ausweg aus der Energiekrise auf dem Meer. Vor den Kanaren soll bald schon nach Erdöl gesucht werden. Das werde Spanien wettbewerbsfähiger und vor allem unabhängiger von Erdölimporten machen.

Er sitzt dabei den gleichen Denkfehlern auf, wie seine Gesinnungsgenossen auf der anderen Seite des Atlantiks. Selbst wenn das spanische Unternehmen Repsol Öl in den Gewässern rund um das Urlaubsparadies vor der afrikanischen Küste findet, wird Spanien wenig davon profitieren. Erdöl wird zum Weltmarktpreis gehandelt, egal woher es kommt. Billiger wird die Energieversorgung dadurch also nicht.

Gleichzeitig würgen die Konservativen – ganz im Sinne der übermächtigen Energieversorger – die Entwicklung der erneuerbaren Energien ab. Spanien zahlt dafür teuer. Das Land, das Sonne und auch Wind zum Überfluss hat, arbeitete sich in den 1990er und den 2000ern an die Weltspitze. Ein Moratorium der Konservativen, das den Ausbau der erneuerbaren Energieformen stoppt, machte diese Entwicklung zu nichte. Damit verliert Spanien die einzige Branche, die für eine flächendeckende Industrialisierung sorgte, und die Milliarden im Exportgeschäft verdient hat.

Die Regierung setzt die falschen Signale. Ein Blick auf die kleinste Kanareninsel zeigt, wo die Zukunft liegt. El Hierro versorgt sich seit diesem Monat zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen und senkt damit nicht nur den CO2-Ausstoss sondern auch den Strompreis für die Verbraucher.

 

Was bisher geschah: