Portugal steigt am 17. Mai aus dem Euro-Rettungsschirm aus. Die Regierung des Landes auf der iberischen Halbinsel wird dabei keinerlei Übergangsregelungen – wie eine von der Troika aus Europäischer Zentralbank, EU-Kommission und dem Internationalen Währungsfond (IWF) angebotene präventive Kreditlinie in Anspruch nehmen. Dies verkündete Premierminister Pedro Passos Coelho am Sonntag Abend in einer Fernsehansprache. „Wir haben diesen Entschluss gefasst, weil unsere Strategie der Rückkehr auf die Finanzmärkte gut aufgenommen wurde“, erklärte der Konservative.
Bei einer Versteigerung von zehn-jährigen Staatsanleihen im April zahlte Lissabon nur noch 3,65 Prozent Zinsen. Zum Höhepunkt der Finanzierungskrise lagen die Zinsen bei 17 Prozent. Portugal wird Anfang Juni zum letzten Mal Geld aus dem Rettungsschirm erhalten. In den letzten drei Jahren flossen insgesamt 78 Milliarden Euro aus diesem Topf.
Nach Irland, das vergangenen Dezember den Rettungsschirm verließ, ist Portugal somit das zweite Land, das wieder versucht auf eigenen Beinen zu stehen. Griechenland und Zypern werden weiterhin unter dem Schirm bleiben.
Der 17. Mai werde „ein Tag der Ehrung aller Portugiesen. Denn alle Portugiesen haben das erreicht“, erklärte Passos Coelho zufrieden. Doch zum Feiern dürfte es nur den Wenigsten der 10 Millionen Einwohnern des kleinen süd-west-europäischen Landes zu Mute sein. Denn die Hilfe aus Europa gab es nur unter strikten Sparauflagen, mit dem Ziel das Haushaltsdefizit zu senken. Diese Senkung geht zum Großteil auf schwere Einschnitte bei Staat und bei Sozialleistungen zurück. Staatsunternehmen wurden privatisiert, Autobahnen mautpflichtig. Im Öffentlichen Dienst verloren Beamte und Angestellte bis zu zwei Monatslöhne pro Jahr, die Rentner und Arbeitslosen mussten ebenfalls schwere Einbussen hinnehmen. Außerdem wurden Schulen geschlossen, Teile der Gesundheitsversorgung müssen mittlerweile von den Patienten bezahlt werden und die Mehrwertsteuer stieg auf 23 Prozent. Einkommen wurden mit einer Sondersteuer von 3,5 Prozent belegt. Außerdem wurde das Arbeitsrecht wurde gelockert. Dadurch werden Erlassungen erleichtert. Über 15 Prozent sind ohne Arbeit. Bei den Menschen unter 25 sind es gar mehr als ein Drittel.
Der IWF sowie der deutsche Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble lobten Portugal für die gemachten Anstrengungen. „Es wird jetzt darauf ankommen, dass Portugal den eingeschlagenen Pfad der Reformen beibehält und damit einen nachhaltigen Erfolg sicherstellt“, mahnt Schäuble. Seine konservativen Freunde in Lissabon verstehen, was gemeint ist. Im kommenden Jahr soll deshalb der Staats- und Verwaltungsapparat weiter ausgedünnt werden. Freiwerdende Stellen werden nicht mehr besetzt. Freiwillige Kündigungen sollen mit Abfindungen schmackhaft gemacht werden. Weitere 1,4 Milliarden Euro sollen so bis Ende 2015 eingespart werden.
Das Defizit soll von derzeit 4,9 Prozent des BIPs auf 2,5 Prozent gedrückt werden. Doch all diese Rechnungen gehen nur dann auf, wenn es Portugal tatsächlich gelingt, wie von der Regierung vorhergesagt 1,5 Prozent zu wachsen und wenn die Zinsen für Staatsanleihen weiterhin niedrig bleiben. Denn das Land ist nach drei Jahren Krisenmanagement mehr verschuldet denn je. Stand das Land vor dem Rettungsprogramm mit 93 Prozent des BIPs in der Kreide sind es jetzt 129 Prozent. Die Abzahlung diese Schulden wird mindestens 30 Jahre dauern. Die Kredite des Rettungsschirms haben eine Laufzeit von 22 Jahre. Solange Lissabon die 78 Milliarden von EU und IWF abstottert, wird die Troika weiter über die Haushaltspolitik wachen und Auflagen machen.