Für die Menschen in der Westsahara ist Aminatu Haidar fast so etwas wie eine Heilige. Für die Besatzer aus Marokko ist die 47-jährige Menschenrechtsaktivistin hingegen eine Verräterin – die Feindin des Reichs von König Mohamed VI. schlechthin. Am Montag bekam Haidar für ihr jahrzehntelanges Engagement den mit 10.000 Euro dotierten Solidaritätspreis der Stadt Bremen. Vor Haidar hatten so berühmte Vorkämpfer für Demokratie und Freiheit, wie Nelson Mandela aus Südafrika oder Auung San Suu Kyi aus Myanmar diesen preis erhalten.
„Die sahrauische Ghandi“, wie ihre Landleute, die ruhige, besonnene Frau gerne nennen, wurde 1966 in El Aaiún geboren. Die Stadt unweit der afrikanischen Atlantikküste gegenüber der kanarischen Inseln war damals die Hauptstadt der spanischen Kolonie Westsahara. Nach dem Abzug der Kolonialherren wurde der Landstrich 1975 von Marokko besetzt und bis heute nicht freigegeben. Haidar ist eine von denen, die für die Unabhängigkeit ihrer Heimat eintreten.
Mit 21 Jahren wurde sie erstmals nach einer Demonstration für ein UN-Referendum über die Zukunft ihrer Heimat zusammen mit weiteren 17 Frauen verhaftet und knapp vier Jahre ohne Gerichtsurteil verschleppt und gefoltert. Gebrochen hat dies die zierliche Frau nicht. Immer wieder bekam sie es mit den Besatzungskräften zu tun. Eine Verletzung am Kopf musste mit 12 Stichen genäht werden, eine weitere Haftstrafe 2005 wurde nach einem mehrwöchigen Hungerstreik ausgesetzt. 2009 schließlich wurde sie des Landes verwiesen. Ihr vergehen: Bei der Wiedereinreise aus den USA, wo sie den Preis der Train Stiftung für Zivilcourage verliehen bekommen hatte, trug die Mutter zweier Kinder in das Grenzformular „sahrauisch“ statt „marokkanisch“ ein. Sie wurde auf die Kanaren abgeschoben. Nach 32 Tagen im Hungerstreike erlaubte Marokko ihr die Heimreise.
Kaum jemand dürfte den Kampf der Sahrauis gegen die Besatzung so bekannt gemacht haben, wie Aminatu Haidar. Seit jenem Hungerstreik auf den Kanaren reist sie rund um den Globus und vertritt das Anliegen der Sahrauis. Viel Zeit bleibe nicht mehr, um den Konflikt friedlich beizulegen, mahnt sie immer wieder. Ein Großteil ihrer Landleute lebt in Flüchtlingscamps in der algerischen Wüste. Dort wachse nach über 35 Jahren im Exil „eine neue Generation“ heran, die „nicht mehr in den friedlichen Widerstand glaubt“, warnte sie erst Ende vergangener Woche bei einem Spanienbesuch und forderte die internationale Gemeinschaft auf, Druck auf Marokko auszuüben, damit endlich eine Volksabstimmung unter Obhut der UNO über die langersehnte Unabhängigkeit durchgeführt werden kann./Foto:Wikimedia