© 2013 Reiner Wandler

Stierhatz mit Lanzen

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Kulturelles Erbe oder Barbarei? Diese Frage entzweit einmal mehr die Spanier, wenn heute, wie jedes Jahr im September, in Tordesillas, unweit der Stadt Valladolid ein Stier freigelassen und anschließend von Hunderten von Lanzenträgern zu Fuß und zu Pferde gejagt und zu Tode gespießt wird.

Über zehntausend Tierschützer zogen am Samstag in Madrid vor die Büros der beiden großen spanischen Parteien, der regierenden konservativen Partido Popular und der sozialistischen PSOE, um ein Verbot des Schauspieles zu fordern. „Die einen regieren in der Region Castilla León die anderen in der Gemeinde Tordesillas“, erklärte ein Sprecher, warum die Tierschützer beide Formationen gleichermaßen für die „nationale Schmach“ der Stierhatz verantwortlich machen. Heute, wenn zur Mittagszeit die Hatz auf Vulcano mit seinen 580 Kilogramm Lebendgewicht beginnt, wollen die Tierschützer vor dem Parlament Zehntausende von Unterschriften gegen das Spektakel einreichen. Bereits im vergangenen Jahr hatten sie 75.000 Unterschriften gesammelt.

Im 9.000-Seelen-Städtchen Tordesillas freilich sehen sie das anders. Vor einer Woche trat – organisiert von der Stadtverwaltung – eine Reihe von Uniprofessoren aus Spanien, Kolumbien und Portugal vor die Presse, um das „anthropologische Erbe“ zu verteidigen. Es sei ein 500 Jahre alter Brauch und als solcher schützenswert. Ein von den Anwesenden unterzeichnetes Manifest „verteidigt eine gute und lobenswerte Tradition, auf Grund eines soliden und intellektuellen Standpunkts, aus der Sicht von Universitätsprofessoren, um mit dem Vorurteil Schluss zu machen, dass dies nur barbarische und ungehobelte Menschen tun.“

Die Bilder, die heute einmal mehr über die spanischen Bildschirme flimmern werden, ermöglichen es, selbst zu entscheiden, ob die Stierhatz Kultur oder Barbarei ist. Vor zwei Jahren wurde vom Sieger dem schwerverletzten, am Boden liegenden Stier langsam mit einem Schraubenzieher das Rückenmark durchtrennt./Foto: Igualdad animal

 

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