So lieben die Spanier ihren König. Als am vergangenen 20. April Real Madrid den spanischen Pokal, der den Namen des Monarchen trägt, gewann, feierten Juan Carlos I. und Frau Sofia den Sieg mit. Kapitän und Torwart Iker Casillas bestieg die Balustrade. Juan Carlos I. half ihm dabei, sichtlich gerührt. Ob beim Pokal, bei der WM oder den Olympischen Spielen einst in Barcelona, Spaniens Monarch gibt sich volkstümlich, macht La Ola, applaudiert, zittert mit. Spaniens König weiß, was ihn bei seinen Untertanen populär gemacht hat: Seine Bescheidenheit.
Dabei war der junge Prinz von Asturien vor 1975, als Diktator Francisco Franco starb, weder bei der Linken noch bei der Rechten beliebt. Den einen galt der Enkel des in den 30er Jahren gestürzten Monarchen Alfonso XIII. als eine „Kasperl“, das die Macht der Franco-Riege auch nach dem Tod des Generalisimo absichern sollte. Von einer Wiedereinführung der Monarchie wollte sie nicht wissen.
Die anderen wollten sich des jungen Königs bedienen, um jeden auch noch so kleinen Wechsel zu verhindern. Begeistert waren sie von der auf Wunsch des verstorbenen Diktators wiedereingeführten Monarchie jedoch nicht. Nur zu gut hatten die Franquisten die ständigen Attacken des Vaters von Juan Carlos, Juan von Borbón, gegen die Diktatur in Erinnerung.
Juan Carlos I. sollte alle überraschen. Der junge König, der im Exil geboren wurde und erst zur Schul-, Universitäts- und Militärausbildung ohne seine Eltern nach Spanien zurückgekehrt war, bewies Gespür im Umgang mit der politischen Klasse. Er umgab sich mit reformbereiten Kräften des alten Regimes. Es begann die Transición – der Übergang zur Demokratie.
Politische Gefangene wurden freigelassen. Alle Parteien, selbst die Kommunisten wurden zugelassen. Die Bevölkerung ging 1977 erstmals wieder an die Urnen. 1978 wurde die neue Verfassung, die die konstitutionelle Monarchie mit weit gehenden Autonomieregelungen für Basken, Katalanen, Galicier und Andalusier festschrieb, per Referendum angenommen.
Doch der schwerste Augenblick seiner Amtszeit stand Juan Carlos noch bevor. Am 23. Februar 1981 versuchten ein Teil der Armee und der paramilitärischen Polizeitruppe Guardia Civil dem „demokratischen Spuck“ ein Ende zu setzen. Die Panzer rollten in Valencia und Madrid. Das Parlament wurde besetzt. Die Abgeordneten festgehalten. König Juan Carlos trat in Uniform des Oberbefehlshabers der Armee vor die Fernsehkamera und sprach sich für die Demokratie und gegen den Putsch aus. Die Militärrebellion brach zusammen. Am nächsten Tag gingen in Madrid weit über eine Million Menschen für die Demokratie auf die Straße. Aus dem von Franco eingesetzten Monarchen war endgültig ein Bürgerkönig geworden.
In den letzten Jahren machen sich viele Sorgen um ihren König. Er wirkt alt und müde. Gerüchte über seinen Gesundheitszustand machen die Runde, auch wenn die Presse mit dem ihr eigenem Taktgefühl, kein einziges Wort zum Thema verliert. Juan Carlos I. tritt nur noch selten an die Öffentlichkeit. Reisen – wie jetzt in die Schweiz – sind die absolute Ausnahme. Die königliche Hochzeit in Großbritannien verfolgte er zu Hause am Fernseher.
Stellt sich die Frage, wie es in Spanien weitergeht, wenn Juan Carlos I. in den wohlverdienten Ruhestand gehen sollte, oder einmal nicht mehr ist. Denn Charisma vererbt sich nicht so einfach wie ein Titel. Kronprinz Felipe wird die Herzen seiner Generation selbst erobern müssen. Das wird nicht leicht. Umfragen zeigen, dass um die 40 Prozent der Spanier unter 30 lieber eine Republik als die Monarchie hätten.
Linke und nationalistische Demonstranten wissen das. Die Trikolore der Zweiten Spanischen Republik bestimmt längst wieder Gewerkschaftsdemonstrationen und andere soziale Proteste. Und in der abtrünnigen Region Katalonien werden in den letzten Jahren immer wieder Fotos des Monarchen verbrannt./Foto: Wikimedia