Spaniens Aussenminister Miguel Angel Moratinos ist auf der Zielgeraden angekommen. Seit die Sozialisten unter José Luis Rodríguez Zapatero 2004 die Wahlen gewannen, versucht Madrid die Annäherung an Kuba. Mit der Freilassung aller 52 Gefangenen, die 2003 bei einer großen Repressionswelle gegen Dissidenten zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt worden waren, scheint dies geglückt. Moratinos will, dass die EU jetzt die bilateralen Beziehungen mit der Karibikinsel verbessert. Falls er dies erreicht, wäre das europäische Erbe des konservativen Vorgängers von Zapatero, José María Aznar, endgültig Geschichte.
Moratinos will den Anspruch Spaniens, die europäische Gangart in Lateinamerika vorzugeben, geltend machen. Schließlich war das immer so. Unter Felipe González wurde Kuba trotz Menschenrechtsverletzungen wohlwollend behandelt. Unter dessen Nachfolger José María Aznar wurden die Beziehungen ab 1996 abgekühlt. Die EU schrieb auf sein Drängen die bis heute gültige Gemeinsamen Position „Öffnung und Menschenrechte für Zugeständnisse“ fest. 2003 nach der Verhaftung der jetzt freigelassenen Intellektuellen und der Hinrichtung dreier Gefangener kam es zu offenen diplomatischen Konflikten. Aznar, der den Irakkrieg unterstützte, wollte mit seiner Kuba-Politik nicht zuletzt die harte Linie von Georg W. Bush unterstützen.
Auch Moratinos Dienstherrn José Luis Rodríguez Zapatero erhebt den Anspruch, die Kuba-Politik der EU vorzugeben. Er hatte bisher allerdings nur wenig Glück. Denn mittlerweile wurde die EU auf 27 Mitgliedsstaaten erweitert. Zehn davon kennen als ehemalige Ostblockländer Kuba nur zu gut. Sie verhinderten immer wieder die Annäherung an das Regime der Gebrüder Casto – allen voran die Tschechische Republik. Jetzt nach der Freilassung der 52 könnte sich dies ändern. Dies wäre dann wohl der größte Erfolg der Anfang des Monats zu Ende gegangenen spanischen EU-Präsidentschaft. Doch im Augenblick stellen sich noch Deutschland, Frankreich, Schweden und die Tschechische Republik quer. Sie wollen ein Jahr länger an der Gemeinsamen Position festhalten.
Natürlich geht es Madrid auch ums Geschäft. 25 Prozent aller ausländischen Direktinvestitionen auf der Karibikinsel stammen aus Spanien. Das ist die Hälfte dessen, was die gesamte EU in Kuba investiert hat. Vor allem im Tourismusbereich ist Spanien stark. Alleine die Hotelkette Sol Melía unterhält zwei Duzend Häuser auf Kuba. Spanien machte sich deshalb immer wieder zum Vorreiter bei der Handelspolitik. Madrid führte eine Gruppe von zehn EU-Ländern an, die mit Habana ein Abkommen zur Sicherung von Investitionen unterzeichneten. In den letzten Jahren kamen die spanischen Inversionen in Kuba als Reaktion auf die harte Linie Aznars fast vollständig zum Erliegen.
Auch Zapatero schaut mit seiner Kubapolitik Richtung USA. Laut der größten Tageszeitung El País soll US-Präsident Barack Obama kurz nach seinem Amtsantritt Zapatero gebeten haben, Moratinos eine Nachricht für die Gebrüder Castro mitzugeben: „Wir verstehen, dass es nicht über Nacht zu einer Wende kommen wird. Aber wenn wir in Zukunft an diesen Augenblick zurückdenken, muss klar sein, dass es jetzt war, als die Wende begonnen hat. Wir machen Schritte, aber wenn sie nicht auf uns zukommen, wird es schwierig fortzufahren“, soll Obama gesagt haben.