Als Mohamed VI. im Juli 1999 den Thron bestieg, fehlte ihm ein Monat bis zu seinem 36. Geburtstag. Der Sohn des verstorbenen Hassan II. hatte den Ruf ein moderner Kronprinz zu sein. Jetski, Winterurlaub, Diskothekenbesuche in Frankreich, er war so anders als sein autoritärer Vater. Das Volk belegte den jungen König schnell mit einem Spitznamen: M6, wie das französische Pop- und Jugendfernsehen.
Der 23. Herrscher aus der Alawiden-Dynastie begann seine Regentschaft mit zahlreichen, einschneidenden Reformen. Der verhasste Innenminister Driss Basri wurde entlassen, ins königliche Kabinett zogen junge Berater ein, die einst mit Mohamed VI. die Schulbank im palasteigenen College Royal gedrückt hatten. Die Pressefreiheit wurde ausgeweitet, exilierte Oppositionelle durften zurück. Eine Kommission arbeitete die „bleiernen Jahre“ – die Zeit der härtesten Repression unter Hassen II. – auf. Erstmals wurde in Rundfunk und Fernsehen über Folter und die brutalen Geheimgefängnisse geredet. Opfer wurden entschädigt. Ein neues Familiengesetz weitete die Rechte der Frauen aus. Und die Regierung investierte plötzlich im Norden des Landes, der für seine rebellische Haltung von Hassan II. mit Nichtbeachtung bestraft worden war.
Auch im persönlichen Bild des Monarchen änderte sich einiges. Zwar lässt sich der Doktor für öffentliches Recht noch immer von den Untertanen die Hand Küssen, doch während sich Hassan II. noch ein Harem hielt und keine der Frauen jemals öffentlich auftraten, ehelichte Mohamed VI. bisher nur einmal. Erstmals hat Marokko mit Salma Bennani, einer Informatikerin aus gutbürgerlichem Hause, so etwas wie eine First Lady. Die königliche Gemahlin und Mutter von Prinzen Moulay el-Hassan und Prinzessin Lalla Khadija zeigt sich ganz im Stile europäischer Königshäuser auf Wohltätigkeitsveranstaltungen.
In den letzten Jahren kam der Reformelan ins Stocken. Erst angesichts des „arabischen Frühlings“ versucht sich Mohamed VI. erneut an der Modernisierung und tritt in einer neuen Verfassung Befugnisse an den Regierungschef ab, ohne freilich seinen fast heiligen Status als „Führer aller Gläubigen“ aufzugeben. Mohamed VI. handelt unter den wachsame Augen der Demokratiebewegung, die stärker und ungeduldiger ist denn je. „Zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte Marokkos wird ein Projekt des Königs so deutlich abgelehnt“, jubelt einer der Gründer der Bewegung, die zum Boykott des Verfassungsreferendums ruft, auf seinem Facebook just als am Freitag die Wahllokale aufgingen. Wieder etwas neues im Reich von Mohamed VI..