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Wahlsieg der marokkanischen Islamisten

Abdelillah Benkirane ist in Feierstimmung. „Wir haben ein besseres Ergebnis erzielt, als wir erwarteten“, erklärte der Generalsekretär der gemäßigt, islamistischen Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (PJD), bereits nach der Bekanntgabe erster Teilergebnisse der marokkanischen Parlamentswahlen vom vergangenen Freitag. Als fertig ausgezählt war, hatte die PJD 107 der 395 Parlamentssitze gewonnen.

Als stärkste Kraft steht den Islamisten damit das Amt des Regierungschefs zu. So garantiert es die neue Verfassung, die im Sommer auf Geheiß von König Mohamed VI. erlassen und per Volksabstimmung abgesegnet wurde. Ob das Amt an Benkirane oder einen anderen Politiker aus den Riehen der PJD gehen wird, muss der Monarch entscheiden.

Bisher verfügte die PJD nur über 47 Parlamentssitze. Die Islamisten gewannen in allen großen Städten des Landes, vielerorts mit absoluter Stimmenmehrheit. Marokko ist damit nach Tunesien das zweite nordafrikanische Land, in dem die Islamisten an die Regierung kommen. In Tunesien gewann die Ennahda die ersten freien Wahlen vor einem Monat.

Zweitstärkste Kraft in Marokko wurde die historische Unabhängigkeitspartei Istiqlal des derzeitigen Premierministers Abbas Al Fassi, die 60 Abgeordnete sicher hatte. Der aus acht palastnahen liberalen Parteien bestehende Demokratische Block, der von Wirtschafts- und Finanzminister Salaheddine Mezouar ins Leben gerufen wurde, um den Wahlsieg der Islamisten zu verhindern, schnitt schlechter ab, als erwartet. Zusammen erreichte der sogenannte G8 über 100 Sitze.

Die PJD, die im Wahlkampf versprach gegen Korruption und Arbeitslosigkeit vorgehe zu wollen, ohne persönliche Freiheiten und Frauenrechte einzuschränken, ist jetzt auf Koalitionspartner angewiesen. Benkirane zeigt sich gegenüber allen Parteien gesprächsbereit, mit Ausnahme der „Partei des Königs“, wie die Marokkaner die Partei für Authentizität und Modernität (PAM). Diese wurde von einem engen Freund und Schulkameraden des Königs Mohamed VI. kurz vor den Kommunalwahlen 2008 gegründet und wurde damals auf Anhieb stärkste politische Kraft des Landes. Die PAM, die dem Block G8 angehört, erreichte nur 33 Abgeordnete.

Die Parteien des Bündnisses Koutla, das einst bei ersten zaghaften Öffnungen unter dem Vater des heutigen Königs Hassan II. entstand, ist erster Ansprechpartner für die PJD. Ihr gehört die Istiqlal des derzeitigen Premiers Al Fassi, sowie die Sozialdemokraten der USFP und die Postkommunisten der PPS an. Die beiden Letzteren sind klar weltlich ausgerichtet. Der Westen müsse seine PJD nicht fürchten, erklärt Benkirane. „Das Grundlegende in unserem Programm und für die, die mit unser regieren wollen, sind zwei Themen: Die Demokratie und eine gute Regierungsführung.“

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