Vor dem Sommer war Joan Laporta der Superstar schlechthin in nordostspanischen Katalonien. In seiner Amtszeit als Präsident des FC Barcelona – Juni 2003 bis Juni 2010 – hat der Club alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt: vier spanische Ligen, einen Pokal, drei spanische Supercups, zwei Champions Leagues, einen europäischen Supercup und einen Worldcup der Vereine. Laporta ließ sich zu Ende seiner Amtszeit feiern wie kein Präsident vor ihm. Getragen von der Welle der Sympathie entschloss er sich gar, am kommenden 28. November als Spitzenkandidat einer kleinen nationalistischen Formation bei den Autonomiewahlen in Katalonien anzutreten. Seit Samstag, nur 108 Tage nach Ende seiner vielgefeierten Amtszeit, sieht alles ganz anders aus. Die Wahlleute auf der Vereinsversammlung des FC Barcelona stimmten mit 468 gegen 439 Stimmen bei 113 Enthaltungen dafür, Laporta wegen schweren Unstimmigkeiten in den Büchern des Clubs vor Gericht zu bringen.
Der Starpräsident hat nicht nur die Vereinsvitrine um zahlreiche Pokale bereichert, er habe auch selbst auf Kosten des Vereins gelebt, lautet der Vorwurf. Statt den von ihm ausgewiesenen 11,1 Millionen Gewinn im vergangenen Geschäftsjahr erbrachte eine unabhängige Buchprüfung des neuen Vorstandes unter Sandro Rosell 79,6 Millionen Schulden. Die Ausgaben sind um 20 Prozent gestiegen, die Einnahmen jedoch nur um 11 Prozent. Insgesamt steht der Club jetzt mit 400 Millionen Euro in der Kreide.
Als „Kultur der Verschwendung“ bezeichnete Rosell, der sich bei der Abstimmung enthielt, die Geschäftspolitik seines Vorgängers. Der Prüfer bestätigte dies und legte in seiner 44 Minuten langen Rede die seltsamen Geschäftsgebaren Laportas offen. „Nicht zurechtfertigende und nicht genügend dokumentierte Ausgaben“, hieß sein Lieblingsthema. So habe der Club unter Laporta Spieler unter Vertrag genommen und dabei völlig überhöhte Summen an deren Manager ausbezahlt. Der Vertreter des kroatischen Stürmers Ibrahimovic steckte acht Millionen Euro ein.
Doch was die 1.200 Wahlleute am meisten schockierte, waren die kleineren Posten. Der Vorstand unter Laporta gab fünf Millionen Euro „in nicht sportlichen Reisen“ aus. Die Visakarte des Leibwächters Laportas weist 318.000 Euro – unter anderem für Nachtclubs, Restaurants und Parfüme – aus. Für 53.000 Euro liegen nicht einmal Rechnungen vor. Laporta und seine Vorstandskollegen kassierten Zehntausende von Euros für Luxushotels, ohne die Rechnung abzuliefern. 362.000 Euro kosteten sieben Flüge Laportas in einem Privatjet, mehr als eine halbe Million Euro das Essen und Trinken bei den Heimspielen auf der Präsidententribüne.
Laporta kaufte auf Clubrechnung 1.518 Eintrittskarten im Wert von 631.000 Euro für das Endspiel der Champions League FC Barcelona gegen Manchester United 2009 in Rom. Die Karten waren nicht für die Fans, sondern „für den internen Gebrauch“. Aus dem gleichen Grund erstand der Barça Vorstand 1.644 Eintrittskarten für ein U2-Konzert im Stadion des FC Barcelona.
„Ich weiß nicht, ob sie Geld eingesteckt haben. Aber was ich sehr wohl weiß, es gibt Ausgaben in Millionenhöhe ohne Belege“, erklärt Kassenwart Javier Faus. Bei zwei Sonderposten lässt sich allerdings sehr wohl sagen, dass sie nicht dem Club sondern einzig und alleine Laporta selbst Zugute kamen. So schloss Laporta nur wenige Monate vor Ende seiner Amtszeit eine Versicherung ab, die zivilrechtliche Folgen aus „Pflichtverletzungen, Ungenauigkeiten, Fehlern, sowie falschen und betrügerischen Erklärungen“ bis 2016 deckt. Außerdem zahlte der Ex-Präsident drei Millionen Euro an Privatdetektive. Laporta ließ mögliche Nachfolger beim FC Barcelona, unliebsame Vorstandsmitglieder und kritische Journalisten bespitzeln – unter ihnen der heutige Vereinspräsident Sandro Rosell. /Foto: Mutari