Die baskische ETA hat am Donnerstag ihre Auflösung bekannt gegeben. Das „Letzte Kommuniqué an des baskische Volk“, das die meisten Radiosender Spaniens ausstrahlten, wurde vom seit 2002 flüchtigen, baskischen Abgeordneten und historischem Mitglied der bewaffneten Separatistenorganisation Josu Ternera verlesen. Für den Abend wurde ein Video gleichen Inhalts erwartet.
„ETA, sozialistische, revolutionäre, baskische Organisation für die nationale Befreiung, will das baskische Volk über das Ende ihres Werdeganges informieren, nach dem ihre Militanten den Vorschlag angenommen haben, den historischen Zyklus und die Funktion der Organisation für beendet zu erklären“, heißt es in dem Schreiben. ETA habe „alle Strukturen vollständig aufgelöst. (…) Die Ex-Militante von ETA werden den Kampf für ein vereinigtes, freies, sozialistisches und baskischsprachiges und nicht patriarchales Baskenland in einen anderen Umfeld weiterführen, jeder da, wo er es für angebracht hält, und wie immer mit Verantwortung und Ehrlichkeit.“ „ETA entstand aus diesem Volk und löst sich in dieses Volk auf“, endet das Schreiben.
Für Freitag ist in Kanbo, unweit von Bayonne im französischen Teil des Baskenlandes, eine internationale Konferenz geplant, die die Auflösung der bewaffneten Gruppe endgültig besiegelt. An ihr nimmt die Internationale Kontaktgruppe rund um den ehemaligen Interpol Generalsekretär Raymond Kendall, baskische Bürgermeister und Friedensorganisationen teil. Parteien und Gewerkschaften aus Spanien, Frankreich und dem Baskenland sind geladen. Bereits am Mittwoch hatte ETA einen Brief an soziale Akteure geschickt, indem sie ihren Entschluss sich aufzulösen mitteilte.
„Euskadi ta Askatasuna“ – „Baskenland und Freiheit“ – entstand vor fast genau 60 Jahren im Widerstand gegen die Diktatur von General Francisco Franco. 1968 verübte die Gruppe ihren ersten tödlichen Anschlag, 2010 den letzten. Im Oktober kündigte ETA einen „endgültige Waffenruhe“ an. Die spanische Regierung zählt insgesamt 2472 Anschläge mit 829 Todesopfern.
Das Ende von ETA ist das Ergebnis einer internen Debatte, die 2010 begann. Vor allem das direkte politische Umfeld übte Druck auf die bewaffnete Organisation aus, die Waffen niederzulegen und dem politischen Kampf eine Chance zu geben.
In den 50 Jahren bewaffneten Kampfes kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen über Sinn und Zweck der Gewalt. Ein Teil ETAs legte nach dem Tod von Diktator Francisco Franco und dem Übergang Spaniens zur Demokratie die Waffen nieder. Sie gründeten eine politische Partei, deren Mitglieder über Umwege schließlich bei den Sozialisten landeten. Angesichts des Friedensprozesses in Nordirland wurde die Kritik an der Gewalt im linksnationalistischen Lager immer lauter. Letztendlich führte dies zum Waffenstillstand 2011, die Waffenabgabe 2017 und jetzt zur Auflösung.
Zwei ETA-Anschläge stehen ganz besonders für das Scheitern der Strategie des bewaffneten Kampfes. 1987 explodierte in einem Einkaufszentrum der französischen Kette Hipercor in Barcelona eine Bombe. 21 Kunden kamen dabei ums Leben. Es war das Ende der Sympathien für den baskischen bewaffneten Kampf in großen Teilen der spanischen Linken. Im Sommer 1997 entführte ETA den konservativen, baskischen Politiker Miguel Ángel Blanco. Als die Regierung in Madrid die Forderung nach Verlegung der inhaftierten Etarras in heimatnahe Haftanstalten nicht erfüllte, erschoss ETA ihre Geisel trotz Massendemonstrationen überall im Land.
Der wichtigste Opferverband AVT verlangt jetzt, dass ETA „mit der Justiz zusammenarbeitet, um die noch ungeklärten Fälle“ mit insgesamt 358 Todesopfern aufzuklären. Ausserdem reiche die Entschuldigung ETAs für „den verursachte Leiden“ von vor zwei Wochen nicht. Die Organisation müsse „den Einsatz der Gewalt für politische Ziele und ihr politisches Projekt, für das sie so viel Schaden verursacht hat, verurteilen.“
Eine Gruppe Intellektueller rund um den antinationalistischen Schriftsteller Jon Juaristi und den Philosophen Fernando Savater veröffentlichte ein Manifest, in dem sie ETA beschuldigen, „den Zähler auf Null setzen“ zu wollen.
„Egal was ETA macht, wird es keine Straffreiheit geben“, erklärte Spaniens konservativer Regierungschef Mariano Rajoy bei einer Ansprache vor Beamten der paramilitärischen Guardia Civil. „ETA wurde vom Rechtsstaat besiegt“, erklärte er, alles andere sei „Propaganda“.
Der baskische, konservativ- nationalistische Regierungschef Iñigo Urkullu hofft, dass Rajoy „sich sensibel für einen Wechseln in der Haftpolitik“ zeige. In den letzten Jahren war es immer wieder zu Großdemonstrationen im Baskenland gekommen, die eine Verlegung der über ganz Spanien verteilten über 300 ETA-Gefangenen in heimatnahe Haftanstalten forderten.