Der ehemalige französische Premier Manuel Valls macht sich Sorgen um Europa. Der Grund ist die Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien, er vor 55 Jahren geboren wurde. „Das katalanische Problem ist keine interne Angelegenheit Spaniens, sondern ganz Europas“, warnt der einst rechte Sozialdemokrat und jetzt Parteilose immer wieder und überlegt sich allen Ernstes, über die Grenze, in den Wahlkampf gegen die Befürworter der Unabhängigkeit, zu ziehen.
2013: Manuel Valls (rechts) als französischer Innenminister auf Spanienbesuch./ Foto: Min. de Interior
Denn Valls hat ein lukratives Angebot auf dem Tisch. Die stärkste, spanientreue Partei Kataloniens, die rechtsliberalen Ciudadanos (Cs) (Bürger), hat ihm den Spitzenplatz in Barcelona auf der Liste bei den Kommunalwahlen im Mai 2019 – und damit die Kandidatur zum Bürgermeister seiner Geburtsstadt – angetragen.
Es wäre nicht das erste Mal, dass sich der Absolvent der Sorbonne in die katalanische Politik einmischt. Nach dem Unabhängigkeitsreferendum am vergangene Oktober trat der Sohn des katalanischen Malers Xavier Valls und der Italo-Schweizer Erzieherin, Luisangela Galfetti, auf Demonstrationen für die Einheit Spaniens auf, nahm an Cs-Meetings zu den vorgezogene, katalanischen Parlamentswahlen teil und verteidigte die Absetzung der Regierung des flüchtigen Carles Puigdemont, sowie die Zwangsverwaltung Kataloniens durch die Madrider Zentralregierung mit Hilfe des Verfassungsartikels 155.
„Wir wollen die Besten“, begründet Cs-Chef Albert Rivera, selbst aus Barcelona, sein Angebot an den im Alter von 20 in Frankreich eingebürgerten Politiker. Valls war Bürgermeister in zwei Orten im Großraum Paris, Vizepräsident des Regionalparlaments des Pariser Umlandes, Abgeordneter in der Nationalversammlung, Innenminister und schließlich Premier.
All das verlor der zum zweiten mal verheiratete Vater von vier Kindern förmlich über Nacht. Als er 2017 Präsidentschaftskandidat der Sozialisten werden wollte, unterlag er dem linken Parteiflügel, den er zuvor als Premier aus der Regierung gedrängt hatte. Am liebsten wäre Valls daraufhin zur neuen Bewegung seines ehemaligen Wirtschaftsministers und jetzigen Präsidenten Frankreichs Emmanuel Macron übergelaufen. Doch dieser wollte keine Altlasten und lehnte ab. Valls ist nun parteiloser Abgeordneter angegliedert an Macrons Fraktion La République en Marche.
Eine Kandidatur in Barcelona wird nicht leicht. Valls kennt die Stadt nur von sporadischen Familienbesuchen. Und ihm eilt kein guter Ruf voraus. Als Premier (2014-2016) war er Anhänger, der in Spanien alles andere als beliebten, von Deutschland diktierten, europäischen Sparpolitik. Zuvor als Innenminister (ab 2012) machte er mit seiner harte Gangart gegen Flüchtlinge und Immigranten auch jenseits der Pyrenäen von sich Reden.
Mit seiner harten Verteidigung der spanischen Einheit schert Valls aus der katalanistischen Familientradition aus. Großvater Magí gab unter der Franco-Diktatur heimlich Sprachunterricht, Onkel Manuel komponierte die Hymne des FC Barcelona und Vater Xavier war einer der Maler, auf den auf Eigenständigkeit bestehenden Katalanen stolz sind.
„Wir müssen die Antwort des demokratischen spanischen Staates unterstützen“, erklärte Valls per Twitter, als Madrid Katalonien unter Zwangsverwaltung stellte. Unter denen, die ihm empört antworteten, war auch seine Schwester Giovanna. „Bei Gott. Schluss.“, antwortete sie und fügte hinzu: „Bei Großvater Magí. Das ist nicht demokratisch (…). Wann hat man so was Brutales gesehen, wie alle Freiheiten abzuschaffen?“