Spanien muss endlich „seiner Verpflichtung nachkommen“ und die Verbrechen der Diktatur von General Francisco Franco aufklären. Dies verlangt die Arbeitsgruppe für zwangsweises oder unfreiwilliges Verschwinden (WGEID) der Vereinten Nationen (UNO). Mindestens 150.000 Menschen wurden von den Putschisten, die Spaniens Republik in einem blutigen Bürgerkrieg (1936 bis 1939) stürzten und danach eine Diktatur errichteten, verschleppt, erschossen und irgendwo verscharrt.
Madrid müsse „genügend personelle, technische und finanzielle Mittel“ zur Verfügung stellen, um die Opfer zu suchen. Bisher wurden Massengräber nur auf Privatinitiative hin geöffnet – das erste im Jahr 2000. Eine juristische Aufarbeitung lässt auch 38 Jahre nach Ende der Diktatur noch auf sich Warten. Der einzige Richter, der sich an den Fall herantraute, Baltazar Garzón, wurde 2012 aus dem Dienst entfernt.
Die WGEID hatte Spanien Ende September besucht. Nach Gesprächen mit Opfervereinigungen und Anwälten, sowie mit dem entlassenen Richter Garzón verlangte die Arbeitsgruppe von der Regierung eine Stellungnahme über die mangelnde Aufklärung der Verbrechen der Diktatur. Spaniens Botschafter vor der UNO legte diese Anfang November vor. Darin war von Verjährung und Amnestie die Rede.
Die UN-Arbeitsgruppe sieht dies anders. Verschwindenlassen von Menschen sei ein „permanentes Verbrechen“. Die Verjährung werde erst wirksam „nachdem die Person lebendig wieder auftaucht oder die sterblichen Überreste gefunden und die Identität festgestellt wird“. Deshalb müsse alle Fälle von Verschwindenlassen „gründlich und unparteiisch untersucht“ werden.
Alle „Hindernisse für eine solche Untersuchung“ müssten vom Staat aus dem Weg geräumt werden, „insbesondere das Amnestiegesetz“, von 1977 nachdem Verbrechen des Franco-Regimes nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden. Der Staat müsse die Verschwundenen aktiv suchen lassen. Außerdem verlangt die UNO einen unabhängige Institution, eine Art Wahrheitskommission. Die Arbeitsgruppe gibt Spanien jetzt ein Jahr Zeit, um die Empfehlungen umzusetzen.
Die Organisationen der Hinterbliebenen der Opfer des Franquismus sehen sich durch das UN-Diktamen einen Schritt näher an ihrem Ziel, die Straffreiheit zu beenden. „Die spanische Regierung kann nicht mehr länger wegschauen und den Opfern ihre Rechte verweigern“, heißt es in einem Kommuniqué der Vereinigung zur Wiedererlangung der historischen Erinnerung (ARMH).