© 2008 Reiner Wandler

Auf dem Trockenen


Barcelona geht das Wasser aus. Wenn es in den nächsten zwei Monaten nicht regnet, wird in der nordostspanischen Mittelmeermetropole spätestens zum 1. Juni das Trinkwasser rationiert werden müssen. Dann wird nur noch stundenweise Wasser aus der Leitung kommen. „Es herrscht eine extreme Trockenheit“, erklärt die katalanische Autonomieregierung, die Generalitat. Die Wasservorräte in den Stauseen der Region sind auf 25 Prozent zusammengeschrumpft. Vor einem Jahr war es noch doppelt so viel. Doch da es einfach nicht regnen will, und es jetzt im Winter auch noch weniger als üblich schneit, verringern sich die Vorräte Tag für Tag. In drei aus dem Pyrenäen kommenden Tälern der Region liegen die Wasservorräte gar unter dem Schnitt. Die Generalitat spricht dort ganz offen vom „Notstand“. Ein Blick auf die langjährigen Wetterdaten zeigen: Es ist die schlimmste Trockenheit der letzten 50 Jahre.

Guter Rat ist im wahrsten Sinne teuer. Die Generalitat hat einen Dringlichkeitsplan vorgestellt, der Investitionen von 23 Millionen Euro vorsieht. Damit sollen Tiefbrunnen gebohrt und alte Wasserentnahmestellen wieder in Betrieb genommen werden. Da auch das nicht reichen wird, liegen längst Pläne vor, um Wasser per Schiff nach Barcelona zu transportieren. Zum einen soll es aus der größten spanischen Meerwasserentsalzungsanlage im südspanischen Almería kommen, zum anderen haben die Wasserwerke in Barcelona die französische Rhone im Auge.

Doch die Region rund um Barcelona ist längst nicht die einzige, in der es eng wird. Auch im sonst für sein verregnetes Wetter bekannten westspanischen Galicien ist es so trocken, wie schon lange nicht mehr. Einige der großen Stauseen in der Atlantikregion haben gerade einmal noch zehn Prozent ihrer Kapazität. Auch im südspanischen Andalusien sieht es nicht viel besser aus. „Wir haben das schlechteste Jahr seit 1995“, erklärt der Präsident der Vereinigung der Wasserverbraucher am größten Fluss im Süden, dem Guadalquivir, Francisco Tapia. Die Versorgung der Stadt Sevilla, die wichtigste im Tal des Guadalquivir, sei gesichert. Doch für die Landwirtschaft stehe nur ein Viertel dessen zur Verfügung, was in normalen Jahren zur Bewässerung der Plantagen genutzt wird.

Angesichts der Wasserknappheit kommt die Regierungspolitik in die Kritik. Ein Plan der Sozialisten unter José Luis Rodríguez Zapatero aus dem Jahre 2005 stoppte die Umverteilung des Wasser im Lande per Pipelines und Kanälen. Stattdessen wurde der Bau von 26 Meerwasserentsalzungsanlagen geplant. Bis heute sind nur zwei davon fertiggestellt. Sie wurden in landwirtschaftlichen Regionen im Süden des Landes errichtet. Es fehlt ihnen an Kunden. Denn ein Kubikmeter entsalztes Wasser kostet 50- 70 Cent. Die Stadtbevölkerung zahlt diesen Preis nicht so die Landwirte, die 80 Prozent des spanischen Wasser für ihre Felder verbrauchen. Ihnen wird das begehrte Nass für 36 Cent angeboten. Doch selbst das ist den Bauern zu teuer. Aus der Pipeline bekamen sie es für 10 Cent. Um Geld zu sparen bohren sie kurzerhand überall illegale Tiefbrunnen. Ganze Grundwasserschichten wurden so schon ausgetrocknet. Die Behörden schauen weg.

Wasserexperten verlangen ein Umdenken beim Verbrauch. Die energieintensive Entsalzung könne nur eine Notlösung sein. Professor Manuel Ramón Llamas von der Stiftung Neue Wasserkultur beschwert sich über die Subvention des entsalzten Wassers für die Landwirtschaft. „Das Prinzip des gleichen Preises für alle Verbraucher wird einmal mehr verletzt. Ich verstehe nicht warum die Bevölkerung die Bewässungslandwirte, die im Mercedes herumfahren, subventionieren sollen.“

Längst werden auch in Spanien Stimmen laut, die vor einem tiefgreifenden Wandel des Niederschlagsverhaltens auf der Iberischen Halbinsel warnen. Der Klimawechsel, so berechnen Experten, könne zu einer immer schnelleren Verwüstung und Versteppung des Landes führen. Während die regierenden Sozialisten vom Klima reden und erneuerbare Energien fördern, ist für den konservative Oppositionsführer Mariano Rajoy die Klimadebatte übertrieben. „Mein Cousin ist Physiker und er sagt, dass der Klimawandel nicht das große weltweite Problem ist“, erklärte Rajoy anlässlich eines Al Gore Besuchs in Spanien.

Was bisher geschah: