© 2013 Reiner Wandler

Merkel, Hitler und die Banken

Spaniens größte Tageszeitung El Paíssorgt für Schlagzeilen. Das liberale Blatt nahm am Sonntag in einem Akt der Selbstzensur einen Meinungsartikel von der Internetseite. Der Text „Deutschland gegen Europa“ des Wirtschaftsprofessors Juan Torres López aus Sevilla, der sich mit der deutschen Euro-Politik auseinandersetzt, war zuerst in der andalusischen Regionalausgabe erschienen.
Der Grund für de Rückzug des Textes war ein Satz, der mutmaßlich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel mit Hitler vergleicht und derfür regen Verkehr in den sozialen Netzwerken Twitter und Facebook gesorgt hatte: „Merkel hat, wie Hitler, dem Rest Europas den Krieg erklärt, diesmal um sich wirtschaftlichen Lebensraum zu sichern“, lautet die Aussage.
Weiter heißt es: „Sie züchtigt uns, um ihre großen Unternehmen und ihre Banken zu schützen und um vor ihrer Wählerschaft das beschämende Modell zu verstecken, welches das Armutsniveau in ihrem Land zum höchsten der letzten 20 Jahre gemacht hat und dass 25% der Beschäftigten weniger als 9,15 Euro die Stunde verdienen, oder dass die Hälfte der Bevölkerung nur über 1 Prozent des nationalen Reichtums verfügt.“
„El País hat den Artikel zurückgezogen … weil er Behauptungen enthält, die diese Zeitung für unpassend hält“, heißt es auf der leeren Seite seither kurz und bündig. Der Aufsicht sei ein Fehler unterlaufen. Weitere Stellungnahmen von der Verlagsführung waren keine zu bekommen.
Autor Torres entschuldigte sich aufseinem Blog. „Ich bedauere das der Artikel so ausgelegt wird, als gehe es darum Frau Merkel und Hitler zu vergleichen“, schreibt Torres. „Ich glaube, dass diese Auslegung dazu dient vom eigentlichen Ziel meines Artikels abzulenken“, fügt er hinzu.
Der Text analysiert auf ein-ein-halb Schreibmaschinenseiten die Mitverantwortung der deutschen Großbanken an der Finanzkrise in Europa. Diese hätten ihre riesigen Vermögen, über die sie dank der immer ungleichere Reichtumsverteilung in Deutschland, hervorgerufen durch die Politik Merkels und ihres Vorgängers Gerhard Schröder, verfügen, genutzt, um „anstatt den internen Markt zu verbessern und die niedrigen Einkommen zu begünstigen, die Schulden der irischen Banken, die spanischen Immobilienblase, und die Verschuldung der griechischen Unternehmen zu finanzieren“. Sie hätten spekuliert, „was dazu führte, dass die Privatverschuldung in den europäischen Randregionen explodierte und die deutschen Banken 2009 auf toxischen Aktivposten von 900 Milliarden Euro saßen“.
Torres argumentiert, dass Merkels Politik einzig das Ziel habe, mittels der Euro-Rettungspakete „den Regierungen Darlehen zu geben, die vom Volk abbezahlt und an die einheimischen Banken weitergereicht werden … damit diese unverzüglich die deutschen Banken bezahlen.“
Der Artikel resümiert: „Die Tragödie ist die Übereinstimmung der paneuropäischen Finanzinteressen, die unsere Regierungen dominieren, die uns verraten, anstatt uns zu verteidigen, um als reine Statisten Merkels zu agieren.“ Viele interpretierten auf Twitter die Selbstzensur von El País als einen weiteren Kniefall vor der mehr als unbeliebten Kanzlerin Merkel.

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