© 2013 Reiner Wandler

Nach Jebali ist vor Jebali

Tunesiens Staatspräsident Moncef Marzouki möchte das Machtvakuum in seinem Land so schnell wie möglich beenden. Kaum hatte Premierministers Hamadi Jebali am Dienstag Abend seinen Rücktritt bekannt gegeben, begann Marzouki mit einer Reihe von Sondierungsgesprächen, mit dem Ziel eine neue Regierung zu bilden. Er empfing neben Rachid Ghannouchi, dem Chef der islamistischen Ennahda-Partei, der auch Jebali angehört, mehrere säkulare Oppositionspolitiker. Das bisherige Ergebnis: Es könnte zu einem Come Back Jebalis kommen.
„Jebali ist nach wie vor unser Kandidat für die nächste Regierung“, erklärte Ennahda-Sprecher Fethi Ayadi bevor sein Chef Ghannouchi den Präsidentenpalast aufsuchte, überraschend. Dabei war Jebali über seine eigene Partei gestolpert. Der Premier trat zurück, nachdem sein Plan eine Regierung aus unpolitischen Experten zusammenzustellen, am Widerstand des radikalen Flügels rund um Ghannouchi gescheitert war. Mit dieser Technokratenregierung wollte Jebali die Situation im Lande nach dem tödlichen Attentat auf den Oppositionspolitiker Chokri Belaid vor zwei Wochen beruhigen.
Sollte Jebali von seiner Partei erneut mit der Regierungsbildung betraut werden, wäre dies ein nachträglicher Erfolg. Jebali habe, so die tunesische Presse, mehrere Bedinungen gestellt. Er will einen verlässlichen Wahltermin festlegen, sowie die politische Gewalt bekämpfen. Außerdem müsse seine neue Regierung zumindest teilweise aus Technokraten bestehen.
Für mehrere Oppositionskräfte, wie die neu entstandenen Zentrumspartei Nida Tounis und die sozialdemokratische Republikanischen Partei wäre dies an annehmbarer Kompromiss. Sie verlangen, dass zumindest die Schlüsselresorts Innen-, Justiz-, Verteidigung- und Aussenministerium von unabhängigen Persönlichkeiten besetzt werden. Die Mitglieder der Übergangsregierung sollen bei den kommenden Wahlen nicht kandidieren dürfen. Damit soll erneutes wahltaktisches Gezänke verhindert werden, das bisher die Ausarbeitung Verfassung für das neue Tunesien unmöglich gemacht hat. Beide Parteien ließen allerdings keinen Zweifel daran, dass sie in einer neuen Regierung nicht vertreten sein werden.
Kandidaten für eine neue Koalition sind erneut die beiden bisherigen Partner, der Kongreß für die Republik (CPR) von Staatschef Marzouki und die sozialdemokratische Ettakatol von Parlamentspräsident Mustapha Ben Jaafar. Doch in beiden Parteien regt sich sowohl an der Basis als auch in der Parlamentsfraktion Widerstand gegen eine erneute Beteiligung an einer Ennahda-geführten Regierung. Weitere kleinere Parteien könnten mittels Ministerposten zur Unterstützung Ennahdas gewonnen werden.

Das Linksbündnis Volksfront, der Mordopfer Belaid angehörte, hällt weiterhin an ihrer Forderung nach einem Nationalen Kongress fest, an dem alle Parteien und Vertreter der Zivilgesellschaft gemeinsam über eine „Regierung der nationalen Einheit“ beraten.
Sollte Jebali nicht erneut die Aufgabe der Regierungsbildung übernehmen, stünden, so Ennahda-Sprecher Ayadi andere Politiker bereit. Unter anderem wird der Name des bisherigen Gesundheitsminister Abdellalif Mekki gehandelt. Anders als Jebali gilt er als enger Vertrauter von Parteichef Rachid Ghannouchi und gehört damit zum radikalen Parteiflügel. Für ihn dürfte es allerdings deutlich schwieriger sein als für Jebali, eine Parlamentsmehrheit hinter sich zu vereinen.

Unterstütze M-Impresión
Support M-Impresión

Was bisher geschah: