© 2013 Reiner Wandler

Der Mann mit Sitzfleisch

Wenn Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy eines perfekt beherrscht, dann ist es, sich tot zu stellen. Der 57-jährige Jurist lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen und zum Rücktritt bewegen. Gründe hätte er in seiner langen politischen Karriere, die ihn von seiner nordwestspanischen Heimat Galicien in den Regierungspalast in Madrid brachte, genug gehabt. 

Jetzt ist es der Skandal um die Schwarzgelder in seiner konservativen Partido Popular (PP), mit denen Extragehälter gezahlt wurden. Rajoy selbst soll 25.000 Euro pro Jahr erhalten haben. Er gehörte der Parteiführung bereits an, als 1990 die parallele Buchführung begann. Und er war hoher Funktionär und ab 2004 sogar Parteichef, als ein Netzwerk PP-naher Firmen durch aufgeblähte Aufträge und Spekulationen mit öffentlichem Grund Millionen in Parteikassen und Funktionärstaschen spülte.
Schatzmeister Luis Bárcenas, der die Zahlungen betreut haben soll, sieht sich seit vier Jahren den Ermittlungen ausgesetzt. Rajoy bekräftigte immer wieder, von Bárcenas Unschuld überzeugt zu sein. Mancher glaubt, Rajoy tut dies, weil er erpressbar ist. Kleine Verfehlungen, wie die ganzen Jahre als Politiker einen begehrten Platz als Notar beim Liegenschaftsamt behalten zu haben, statt ihn zur Ausschreibung freizugeben, fallen kaum ins Gewicht. Rajoy hat Sitzfleisch; solche Skandälchen sind in Spanien schnell vergessen.
Auch in der Politik beweist der Vater zweier Söhne eine stoische Ausdauer. Gesponsert vom Parteigründer, dem Ex-Minister der Franco-Diktatur, Manuel Fraga, kam Rajoy 1990 nach Madrid und wurde schnell zum Mann im Schatten von José María Aznar, der Spanien von 1996 bis 2004 regierte. Als Minister ließ er sich in mehreren Krisen vorschicken und saß sie aus. 

Zweimal verlor der Hobbyradfahrer und Zigarrenraucher die Wahlen, bis ihm die Krise im November 2011 eine absolute Mehrheit bescherte. Er wisse, wie die Wirtschaft angekurbelt werden könne, versprach Rajoy. Wer ihm glaubte, sieht sich enttäuscht. Die Arbeitslosigkeit liegt jetzt bei 26 Prozent. Doch Rajoy bleibt sich treu und sieht „Licht am Ende des Tunnels“. /Foto: wikimedia

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