© 2013 Reiner Wandler

Der Griff in die Rentenkasse

Die „Sparbüchse der Rentenversicherung“ ist in aller Munde. Die spanische Regierung hat 2012 mitten in der Wirtschaftskrise erstmals sieben Milliarden Euro aus den Rücklagen genommen, um laufenden Ausgaben zu decken. Außerdem werden 90 Prozent des Angesparten genutzt um Staatsanleihen aufzukaufen, und so den Druck der internationalen Finanzmärkte auf den Staatshaushalt zu senken. Die demographische Entwicklung und die steigende Arbeitslosigkeit werfen zudem einen langen Schatten auf ein Rentensystem, das bisher hervorragend funktionierte.

Zum Jahresbeginn traten mehrere Reformen in Kraft. Die noch von den im November 2011 abgewählten Sozialisten eingeführte stufenweise Anhebung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre, sowie die ebenfalls stufenweise Verlängerung des Berechnungszeitraumes von den letzten 15 Beitragsjahre auf 25 und die von der konservativen Regierung unter Mariano Rajoy verordnete Aussetzung des Vorruhestandes und der Teilzeitrente sind die wichtigsten Eingriffe. Spanien hat sich Europa gegenüber dazu verpflichtet.
„Vor allem die Abschaffung des Vorruhestandes ist die Rechnung eines schlechten Geschäftsmannes“, beschwert sich Carlos Bravo, Sekretär für Rentenfragen im Vorstand der größten spanischen Gewerkschaft CCOO. „Die Maßnahme spart aktuelle Ausgaben, verteuert das System aber für die Zukunft“, sagt er. Denn wer in Vorruhestand geht, verzichtet pro vorgezogenem Rentenjahr auf 6,5 bis 7,5 Prozent seiner monatlichen Bezüge. Bei eine Lebenserwartung von78,9 Jahren bei Männern und 84,9 Jahren bei Frauen, bedeutet dies mittel- und langfristig eine erhebliche Ausgabensenkung.
Das Geld wird in der Zukunft knapp. Dank der demographischen Entwicklung – 2019 werden 30 Prozent der Spanier älter als 64 sein – und der zunehmenden Arbeitslosigkeit – auf einen Rentner kommen mittlerweile nur noch 2,3 Beitragzahlende – stößt die Rentenkasse bald schon an ihre Grenzen. Die Regierung plant einseitig einen Automatismus einzuführen, der die Rentenbezüge diesen Entwicklungen anpassen soll.
Seit 1995 werden alle Rentenreformen gemeinsam von Regierung, Opposition, sowie Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen ausgehandelt. Vier große Reformen kamen so zustande. „Einseitige Maßnahmen der Regierung würden die Rentenfrage erneut ins Zentrum des parteipolitischen Gezänks und in die Auseinandersetzung zwischen Regierung und Gewerkschaften rücken“, warnt Bravo. Er fordert die Anhebung der Spitzenlohnes, für den Rentenabgaben fällig sind. Bisher liegt dieser bei 41.000 Euro pro Jahr. Zehn Prozent der 16,5 Millionen Beitragszahlenden verdienen mehr.

Was bisher geschah: