© 2012 Reiner Wandler

Das Jahr der Grausamkeiten

Wenn Spaniens konservativer Regierungspräsident Mariano Rajoy in seinem ersten Amtsjahr etwas erreicht hat, dann dass die Spanier zusammenrücken – und zwar auf der Straße. Die Demonstrationen alleine in der Hauptstadt Madrid gehen nicht in die Dutzende, nicht in die hunderte sondern in die Tausende seit Jahresbeginn. Rajoy hat alle gegen sich aufgebracht: von denen, die ihren Job verloren haben, über diejenigen, die aus ihrer Wohnung zwangsgeräumt werden, bis hin zu den Schülern, Studenten, Eltern, Lehrern, Richter, Ärzte, Ministerialbeamte und zuletzt auch noch die Rentner.

Rajoy gewann im November 2011 die Wahlen mit absoluter Mehrheit. Erfolgreich hatte er der Wählerschaft eine Schimäre verkauft. Er wisse wie es gehe, und die Finanzmärkte würden das anerkennen. Die Krise sei in den Griff zu bekommen, ohne bei den wesentlichen Dingen die Schere anzusetzen. Er werde weder die Mehrwertsteuer erhöhen, noch im Bildungs- und Gesundheitswesen kürzen, und die Rentenanpassung an die Inflation sei sicher. All dies konnte und wollte Rajoys Regierung nicht erfüllen. Wenn überhaupt jemand von der konservativen Politik verschont bleibt, dann sind es die Banken und die Wohlhabenden des Landes.
In allen Bereichen der Verwaltung werden Proteste organisiert. Die „grüne Flut“ der Lehrer und die „weiße Flut“ des Krankenhauspersonals sind dabei die größten Bewegungen. „Wahlbetrug“ werfen die Demonstranten Rajoy vor. Sie organisieren sich rund um die Gewerkschaften oder gründen selbst ihre eigenen horizontalen Komitees, die sich dem Beispiel der Bewegung der Empörten folgend, in Basisversammlungen und per Internet abstimmen.
Das ist der positive Aspekt der Entwicklung in Spanien. Doch gleichzeitig geht der Glaube in die Politik, ja in die Demokratie als solche verloren. Die Menschen spüren, wie über sie hinwegregiert wird. Und sie haben längst auch das Vertrauen in die sozialistische Opposition verloren. Schließlich hat diese vor den Wahlen 2011 mit dem begonnen, was als „alternativlose Politik zur Bewältigung der Krise “ verkauft wird. Wohin das führt, weiss niemand zu sagen.

Was bisher geschah: