© 2012 Reiner Wandler

EZB nimmt Druck von Spanien

„Die Risikoaufschläge und die Zinsdifferenz machen unsere Anstrengungen zunichte“, warnte Spaniens Regierungspräsident Mariano Rajoy vor dem gestrigen Staatsbesuch der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel in Madrid. Der Konservative wurde erhört. Die Nachricht aus Frankfurt, dass die Europäische Zentralbank (EZB) gewillt ist, Staatsanleihen mit Laufzeiten von einem bis fünf Jahren von krisengeschüttelten Ländern wie Spanien aufzukaufen, kam kurz vor der Abschlusspressekonferenz von Rajoy und Merkel. Der Spanier wirkte sichtlich erleichtert, hatte er doch seit Monaten genau dies gefordert.
Doch ob, wie und wann Spanien diesen Aufkauf beantragt, darüber schwieg sich Rajoy gestern aus. „Sobald ich Neuigkeiten habe, teile ich sie Ihnen mit“, gabe der Konservativen eine für ihn so typische Antwort auf die entsprechende Frage bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Merkel. Auch über neue Bedingungen, die an eine solche Hilfe geknüpft sein könnten, gab es keine Antwort. Rajoy und Merkel beschränkten sich darauf die bereits eingeleiteten Sparmaßnahmen und Reformen zu loben und gemeinsam um Vertrauen für Spanien und den Euro zu werben. Wer kritische Worte von der deutschen Bundeskanzlerin zur EZB-Entscheidung erwartet hatte, sah sich ebenfalls enttäuscht. Sie beschwor die Unabhängigkeit der EZB bei „der Überwachung der Geldwertstabilität“.
Alleine die Möglichkeit des Kaufs von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) verringerte den Druck auf Spanien erheblich. Am Morgen vor der Sitzung in Frankfurt nahm Madrid 3,5 Milliarden Euro an den Märkten auf. Für Staatsanleihen mit vierjähriger Laufzeit musste Spanien 4,6 Prozent Zinsen akzeptieren. Das sind 1,3 Prozent weniger als noch bei der vorhergegangenen Versteigerung. Für Pfandbriefe mit drei- und zweijähriger Laufzeit sanken die Zinsen gar um 1,4 und 1,9 Prozent. Auch der Handel mit bereits ausgegeben Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt sanken die Zinsen. Der Unterschied zu deutschen Pfandbriefen lag gestern nur noch bei 4,7 Prozent. Im Juli waren es noch 6,5 Prozent. Genau bei diesem Handel mit Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt will die EZB eingreifen, um die Spekulation zu bekämpfen.
Alleine dieses Jahr braucht das Land auf der iberischen Halbinsel 66 Milliarden Euro, um die Schuldendienste zu bedienen. 78 Prozent davon hat Spanien im Laufe des Jahres bereits aufgenommen – zum Teil zu völlig unerträglichen Zinssätzen. Die ständig steigenden Zinsen haben einen Großteil der Kürzungen im Staatshaushalt aufgebraucht. Die Staatsverschuldung lag bei Beginn der Krise 2008 bei nur 40 Prozent. Ende 2011 waren es bereits knapp 70 Prozent. Das Eingreifen der EZB soll genau diesen Druck lindern.
Vor allem die Kassen der Autonomen Regionen Spaniens – vergleichbar mit den deutschen Bundesländern sind leer. Vier Regionalregierungen haben Madrid bereits um milliardenschwere Hilfspakete gebeten. Gestern – völlig unbemerkt vom Presserummel anlässlich des Merkel-Besuches in der Hauptstadt – beriet die Regierung der Kanarischen Inseln darüber, ebenfalls Hilfe aus dem nationalen Rettungsfond zu beantragen.

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