© 2012 Reiner Wandler

Ein Schirm für Spanien?

Alles deutet daraufhin, dass Spanien in Kürze einen förmlichen Hilfsantrag an Brüssel stellen wird. Mehrere Nachrichtenagenturen wollen in Erfahrung gebracht haben, dass die Wirtschaftsminister der 17 Euro-Länder am heutigen Samstag eine Telekonferenz anberaumt haben, um über ein Rettungspaket für Spanien zu beraten. Am Nachmittag dann soll dies offiziell bekanntgegeben werden. Der Zeitpunkt wäre gut gewählt. Die Börsen haben Ruhetag, und halb Spanien befindet sich vor dem ersten Gruppenspiel des Weltmeisters gegen Italien am Sonntag im Fußballfieber.
„Wir kommentieren keine Spekulationen“, lautete die einzige Reaktion der spanischen Regierung. Doch auch Madrid musste in den letzten Tagen immer wieder eingestehen, dass Spanien die Bankenkrise, die das Land seit Anfang Mai erschüttert nicht mehr alleine bewältigen kann. Der konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy hatte am Donnerstag erklärt, erst dann Schritte unternehmen zu wollen, „wenn wir die genauen Zahlen kennen.“ Auch der Sprecher der EU-Kommission Amadeu Altafaj dementierte: „Die Kommission hat keine Nachricht eines Hilfsgesuchs durch Spanien“, erklärte er. „Wenn ein solche Anfrage kommt, sind alle nötigen Instrumente fertig, um sie anzuwenden“, fügte er hinzu. Auch Altafaj hatte zuvor immer wieder darauf hingewiesen, dass Spanien zuerst den genauen Finanzbedarf kennen müsse.
Diese Zahlen könnten schon am Montag vorliegen. Denn dann veröffentlicht eine Delegation des Internationalen Währungsfonds (IWF), die Spanien in den vergangenen Tagen besucht hat, einen Bericht vor. Nach ersten Informationen könnten 40 Milliarden Euro nötig sein, um den Finanzsektor zu sanieren. Andere Schätzungen gehen bis zu 100 Milliarden.
Spaniens Banken und Sparkassen leiden unter milliardenschweren toxischen Aktivposten als Folge der geplatzten Spekulationsblase im Immobiliensektor. Die Teilverstaatlichung von Bankia, einem Zusammenschluss von sieben Sparkassen rund um die hauptstädtische Caja Madrid, Anfang Mai machte den desolaten Zustand des spanischen Finanzwesens überdeutlich. Außerdem hat die Regierung unter Ministerpräsident Mariano Rajoy private, ausländische Beraterfirmen mit einem Bericht über den Zustand der Banken und Sparkassen beauftragt. Deren Bericht wird für die zweite Junihälfte erwartet.
Die Gerüchte um das unmittelbar bevorstehende Rettungsgesuch kam nur wenige Stunden nachdem die Ratingagentur Fitch Spanien wegen der Bankenkrise von A um drei Noten auf BBB herabgestuft hat. Zukunftsaussichten negativ. Nach einer kleinen Verschnaufpause am Donnerstag stieg daraufhin der Risikozuschlag erneut auf 491 Punkte. Seit zehn Tagen liegen die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen bei über sechs Prozent. Spanien kann sich nur noch mit Schwierigkeiten an den Finanzmärkten mit Geld versorgen.
Das Rettungspaket für Spanien wird sich von dem der drei anderen Krisenländern, Griechenland, Portugal und Irland, die sich bereits unter dem Rettungsschirm befinden, erheblich unterscheiden. Es wird, darüber besteht Einigkeit, Geld für den spanischen Bankenrettungsfond FROB geben. Dies erlaubt es, dass Spanien als solches nicht unter den Rettungsschirm schlupfen wird. Das Land kann sich weiterhin an den Märkten mit Geld versorgen und muss keine neuen makro-ökonomische Auflagen befürchten. Allerdings wird eine solche Hilfe an Maßnahmen zur Sanierung des Finanzsektors geknüpft sein. Ganz in diesem Sinne kündigte Wirtschaftsminister Luis de Guindos am Freitag eine dritte Finanzreform an, die weitere Rücklagen von den Geldinstituten fordern wird.

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