© 2012 Reiner Wandler

Es geht ans Eingemachte

Trotz eines rigiden Sparhaushaltes, schauen die Finanzmärkte weiterhin mit Skepsis nach Spanien. Denn die Wirtschaft des Landes kommt durch die Sparpolitik völlig zum Erliegen. Das Land rutscht zum zweiten Mal in drei Jahren in die Rezession, die Arbeitslosigkeit wird zum Jahres Ende die Sechs-Millionen-Marke erreichen. Die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen stiegen Anfang der Woche auf über sechs Prozent. Als Antwort erlässt die Ministerpräsident Mariano Rajoy von der konservativen Volkspartei (PP) neue Kürzungen – dieses Mal im im Gesundheits- und Bildungswesen.

Insgesamt sollen weitere zehn Milliarden Euro eingespart werden. Die Regierung in Madrid gibt dabei nur den gesetzlichen Rahmen vor. Tatsächlich umgesetzt werden müssen die Sparmaßnahmen in den autonomen Regionen. Gesundheit und Bildung sind ihre Sache.

Das Bildungsministerium gibt Pläne vor, die zur Einsparung von drei Milliarden Euro in Grund- und Oberschulen führen sollen. Es geht um die Personalkosten. Um Lehrerstellen zu streichen wird die Klassenstärke in der Grundschule von 25 auf 30 und auf der Oberschule und den Gymnasien von 30 auf 40 angehoben. Außerdem müssen Grundschullehrer künftig mindestens 25 Stunden ihrer 37,5-Stunden-Woche Unterricht halten und Oberstufenlehrer 20. Dies war bisher die Obergrenze. All das würde „die Qualität des Unterrichts nicht wesentlich beeinträchtigen“, verspricht Bildungsminister José Ignacio Wert.

Schüler- und Lehrergewerkschaften sowie Elternverbände sehen dies freilich anders. Sie befürchten einen Kreuzzug gegen das öffentliche Schulsystem. Denn in mehreren von den Konservativen regierten Regionen wurden von alle bisherigen Kürzungen staatlich subventionierte Privatschule – meist im Besitz religiöser Orden – ausgenommen.

„Wir fallen um 20 Jahre zurück“, beschwert sich der Chef der größten Gewerkschaft im Bildungsbereich CCOO, José Campos. Er fürchtet um 80.000 der 500.000 Lehrerstellen. Die Elternverbände sprechen von einem „gesellschaftlichen Selbstmord“. Größere Klassen mache eine individualisierte Betreuung der Schüler unmöglich. Und je mehr Unterrichtsstunden ein Lehrer halten müsse, um so weniger Zeit bleibe für die Vorbereitung und für Fördermaßnahmen für Problemfälle. Bereits heute beenden 25 Prozent die Pflichtschuljahre ohne Abschluss. Sie haben keinerlei Zukunft bei einer Jugendarbeitslosigkeit von 50 Prozent.

„Ich habe den festen Willen alle Maßnahmen zu ergreifen, die nötig sind, Maßnahmen die zu ergreifen niemandem gefällt, aber sie sind unumgänglich“, verteidigt Mariano Rajoy seine Politik nicht etwa auf einer Pressekonferenz in Madrid sondern bei einem Empfang in der spanischen Botschaft in Mexiko in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch. Seine Begleiter nutzen die Gelegenheit, um sdie Pläne für das Gesundheitswesen vorzustellen. Künftig sollen die Spanier die Hälfte der Medikamentenkosten selbst tragen. Besserverdienende sollen gar 60 Prozent beisteuern. Rentner werden mit zehn Prozent zur Kasse gebeten. 70 Prozent der spanischen Rentner leben von weniger als 1.000 Euro im Monat. Diese Maßnahmen würden 3,4 Millionen Euro einsparen.

Wo die verbleibenden 2,6 Milliarden gekürzt werden sollen, um das zehn Milliarden Paket voll zu machen, steht noch nicht fest. Allerdings kündigte Bildungsminister Wert eine Hochschulreform an. Er wird wohl die Studiengebühren erhöhen, Professorenstellen streichen und Studiengänge, für die sich keine Mindestzahl von Studenten finden, ganz eliminieren.

Was bisher geschah: