© 2012 Reiner Wandler

Argentinien verstaatlicht Repsol-Tochter

Spanien kennt keine Rechte und keine Linke mehr, sondern nur noch Patrioten. Seit der Ankündigung der Verstaatlichung von 51 Prozent des Erdölkonzerns YPF, Tochter der spanischen Repsol, durch die argentinische Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner am Montag, übt sich die traditionell zerstrittene spanische Politik im nationalen Schulterschluss, etwas was nicht einmal die heimische Wirtschafts- und Finanzkrise bewirkt hat.

„Wo es ein spanisches Unternehmen gibt, dort ist auch die Regierung und verteidigt dessen Interessen wie die eigenen“, erklärte der konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy. Und der Chef der Sozialisten Alfredo Pérez Rubalcaba griff zum Telefon und sicherte Repsol-Chef Antonio Brufau die „volle Unterstützung“ zu.

Repsol ist eines der großen Unternehmen Spaniens. Der erste wichtige Schritt zum internationalen Konzern war ausgerechnet der Kauf der YPF. Die spanische Presse erinnert jetzt an die Auf und Abs der Beziehung zu Argentinien, die vor allem von einem Namen geprägt sind – Kirchner.

Als YPF 1993 vom damaligen argentinischen Präsidenten Carlos Menem privatisiert wurde, unterstützte ihn Fernández de Kirchners verstorbener Ehemann Nestor Kirchner. 1999 verkaufte dieser in seiner Funktion als Gouverneur im südargentinischen Santa Cruz die 5 Prozent, die seine Provinz an der YPF hielt an Repsol und ermutigte die Spanier das gesamte Unternehmen zu erstehen. 2007 dann proklamierte Kirchner – mittlerweile argentinischer Präsident – die „Argentinisierung von Repsol“ und drängte die Spanier, die Unternehmerfamilie Ezkenazi mit 25 Prozent an YPF zu beteiligen. Bezahlt wurde der Deal mit den Gewinnen in den kommenden Jahren. Fernández de Kirchner, die ihren Ehemann und Amtsvorgänger bei jedem dieser Schritte unterstützte, verstaatlicht das Unternehmen jetzt erneut.

Fernández de Kirchners Argumente sind einfach. YPF/Repsol investierte im vergangenen Jahr die Gewinne nicht, sondern schüttete sie aus. Die Ezkenazis – die von der Verstaatölichung nicht betroffen ist – zahlten damit endgültig ihre Schulden bei Repsol ab, und die Spanier stopften Löcher, die die Wirtschaftskrise zu Hause in die Kasse gerissen hatten. Gleichzeitig ist Argentinien trotz Erdölreichtums von Importen abhängig. 10 Milliarden Dollar gab das Land 2011 für Erdöleinfuhren aus. „Wir sind das einzige Land in Amerika, ja fast weltweit, das seine natürlichen Ressource nicht selbst kontrolliert“, erklärte Fernández de Kirchner. Die spanischen Führungskräfte wurden noch während der Rede aus dem Verwaltungsgebäude der YPF in Buenos Aires verbannt.

„Dies wird nicht ungestraft bleiben“, schimpft Repsol-Chef Brufau. Die verstaatlichten Anteile würden 8 Milliarden Euro kosten. YPF steuerte bisher ein Viertel der Gewinne zur Repsol-Bilanz bei. Brufau will die Weltbank als Vermittler einschalten

„Maßnahmen kündigt man nicht an, man ergreift sie“, droht die spanische Regierungssprecherin Soraya Sáenz de Santamaría. „Das Schlimmste aller Szenarien wäre der völlige Abbruch der Beziehungen“, erklärt Aussenminister José Manuel García-Margallo, nachdem er den argentinischen Botschafter einbestellt hatte. Während Regierungschef Rajoy nach Mexiko und Kolumbien unterwegs ist, erzielte Spaniens Diplomatie einen ersten Erfolg. Die EU sagte ein Treffen mit Argentinien für Donnerstag ab.

Fernández de Kirchner beeindruckt das nicht. Sie verlangt von weiteren spanischen Unternehmen, die in ihrem Land tätig sind – wie Telefónica oder den großen Geschäftsbanken – die Gewinne künftig in Argentinien zu investieren.

Was bisher geschah: