© 2012 Reiner Wandler

Gesunde Finanzen durch Cannabis

Bürgermeister Bernat Pellisa hat Pläne. Er möchte sein Dorf Rasquera aus der Krise führen. 1,3 Millionen schuldet die 960 Einwohner zählende Gemeinde in Katalonien. Industrie gibt es keine, Touristen verirren sich nur wenige in das Landesinnere der nord-ost-spanischen Mittelmeerregion. Deshalb setzt Pellisa auf die Landwirtschaft. Doch er will nicht etwa Gemüse oder Getreide anpflanzen. Cannabis Sativa – Marihuana – soll die Gemeindekassen füllen. Das Dorf will sieben Hektar Land zur Verfügung stellen. In zwei Jahren soll dies die fehlenden 1,3 Millionen Euro in die Kassen der ortsverwaltung spülen. „Das ist ein Plan gegen die Krise, der es uns erlaubt, auch weiterhin die Gemeindedienste aufrecht zu erhalten“, versichert der Bürgermeister der nationalistschen Republikanischen Linken Kataloniens (ERC).

„Zudem werden vier oder fünf direkte und um die 40 indirekte Arbeitsplätze entstehen“, rechnet Pellisa vor. „Der Hanfanbau wird dem Dorf wieder Leben geben“, ist er sich sicher. In den letzten Jahrzehnten wanderten immer mehr junge Menschen ab, um Arbeit in den Städten zu suchen. Der Gemeinderat nahm den Vorschlag des linksnationalistischen Bürgermeisters mehrheitlich an. Pellisa träumt schon von Therapiezentren für Krankheiten, deren Schmerz durch Hanfgenuss gemildert wird. Ein Unternehmen aus Kalifornien habe sich bereits telefonisch gemeldet.

Marihuana ist in Spanien eigentlich verboten. Doch der Konsum und der Anbau für den Eigenbedarf wird geduldet. Genau das will Pellisa als Schlupfloch nutzen, um die Justiz auszutricksen. „Wir haben ein öffentliches Unternehmen gegründet, das zwischen den Landbesitzern und einem Raucherclub vermittelt“, erklärt er. Der Club kommt aus der katalanischen Hauptstadt Barcelona und hat 5.000 Mitglieder. Über 100 solcher geduldeter Vereine gibt es in ganz Spanien. Richter, bis hin zu den höchsten Instanzen haben je nach Urteil bis zu acht Pflanzen als Jahresbedarf für einen aktiven Kiffer abgesegnet. Die Raucherclubs bauen an und kontrollieren den Vertrieb unter ihren Mitgliedern, immer darauf bedacht, den kommerziellen Handel mit Marihuana zu verhindern.

Die Reaktionen lassen nicht auf sich warten. Die katalanische Autonomieregierung will den Hanfanbau in Raquera um jeden Preis verhindern. Eine solch großen Menge sei eindeutig ein kommerzielles Unterfangen und dies falle unter die Definition Drogenhandel und der wiederum sei illegal. Die Staatsanwaltschaft hat von Bürgermeister Pellisa Einsicht in den Vertrag verlangt, den er mit dem Raucherclub aus Barcelona abgeschlossen hat. Pellisa gewährte dies. Er wolle für das Projekt bereits im Voraus alle rechtlichen Probleme ausräumen, beteuert der Bürgermeister..

„Wir müssen entscheiden, ob wir den Hanfkonsum regulieren und er so etwas Positives beiträgt, oder ob wir das Geschäft weiterhin in den Händen eines illegalen Marktes belassen, der kriminellen Kreisen Gelder zuführt“, mahnt der Präsident des spanischen Verbandes der Raucherclubs (FAC), Martín Barriuso. Eine andere spanische Region, das Baskenland, hat sich Anfang März für Ersteres entschieden. Dort soll bis Sommer ein regionales Gesetz ausgearbeitet werden, das die Aktivitäten der Raucherclubs sowie deren Hanfanbau für den Eigenkonsum regulieren wird. Dieses Vorhaben wurde im Autonomieparlament von allen Parteien für Gut befunden./Foto: Chmee2

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