© 2012 Reiner Wandler

#29M Generalstreik gegen Rajoy

Die Geduld der Spanier hat ein Ende. Nach gerade einmal drei Monaten an der Regierung sieht sich der konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy einem Generalstreik ausgesetzt. Die beiden großen Gewerkschaften des Landes, CCOO und sozialistische UGT, protestieren mit dem Ausstand gegen eine Arbeitsmarktreform, die Entlassungen erleichtert und die Tarifautonomie weitgehend aufhebt. Knapp 40 kleinere Gewerkschaften und Berufsverbände schlossen sich der Aktion an. Rund 1.000 Parteien und Verbände unterstützen die Proteste ebenfalls.

Während das Innenministeriums auf einer Pressekonferenz von „Normalität“ redet, gestehen Unternehmerverbände ein, dass der Generalstreik – der achte seit Ende der Diktatur 1975 – besser befolgt wurde, als der letzte im September 2010 gegen die damalige sozialistische Regierung. Auch sie hatte Hand an die Arbeitsgesetzgebung, die Sozialausgaben sowie an Gehälter für Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst gelegt.

Das Bild, das die spanischen Städte gestern boten, straft die Regierung Lügen. Am Donnerstag blieben überall Fabriken, Häfen und Großmärkte geschlossen. Die Müllabfuhr kam zum Erliegen und in den Schulen und Universitäten blieben die Schüler sowie ein Großteil der Lehrkräfte zu Hause, Krankenhäuser und öffentlicher Nahverkehr funktionierten nur mit einem per Dekret verordneten Notdienst.


Viele Geschäfte und Kneipen ließen die Rollläden unten. Die Kaufhäuser öffneten unter starkem Polizeiaufgebot. Die großen Tageszeitungen des Landes erschienen nur mit einer Notausgabe. Viele regionale Blätter wurden nicht gedruckt. In Madrid, Valencia und Andalusien stellte das Regionalfernsehen – vergleichbar mit den deutschen Landessendern – den Betrieb Punkt Mitternacht ein. Der Stromverbrauch im Land ging um mehr als 20 Prozent zurück.

Über Madrid kreisten den ganzen Tag ununterbrochen Polizeihubschrauber. Manche Stadtteile glichen „der Landung in der Normandie“, beschwert wich ein Sprecher der UGT. Die Polizei nahm in der Nacht auf Donnerstag 58 Streikende fest.

„Es handelt sich um die Reform, die den Arbeitern den schwersten Schaden in unserer Geschichte zufügt“, heißt es im Streikaufruf. Die Abfindungen für Entlassene wird auf etwas mehr als die Hälfte gesenkt. Künftig macht es keinen Unterschied mehr, ob ein Rausschmiss gerechtfertigt ist oder nicht. Dies stellte bisher ein Richter fest. Außerdem können Massenentlassungen bereits dann durchgeführt werden, wenn der Unternehmer für die nahe Zukunft Verluste befürchtet. Falls ein Betrieb drei Quartale lang rote Zahlen schreibt, können die Löhne einseitig gesenkt, die Arbeitszeit erhöht oder der Mitarbeiter in andere Landesteile versetzt werden. Wer damit nicht einverstanden ist, kann „sich selbst zu entlassen“, in dem er die Abfindung kassiert und geht. Die Probezeit in kleineren Betrieben wird von drei Monaten auf ein Jahr erhöht. Für Menschen unter 30 sieht das Gesetz einen schlecht bezahlten, einjährigen Anlernvertrag vor.


Die konservative Regierung verteidigt die Reform. Sie würde Arbeitsplätze zu schaffen. Allerdings erst mittelfristig. Denn in diesem Jahr – so das Arbeitsministerium – werde die Zahl der Arbeitslosen von derzeit 5,3 Millionen (23 Prozent) auf knapp sechs Millionen steigen. Viele Betriebe und öffentliche Einrichtungen nutzen das neue Ggesetz um ihre Belegschaft abzubauen.

Spanien gerät immer tiefer in die Rezession. Schuld daran ist unter anderem der rigide Sparkurs der Regierung. In diesem Jahr soll das Um das Defizit von 8,5 Prozent auf 5,3 Prozent gedrückt werden. Heute (Freitag) wird Rajoy seinen Haushalt vorstellen. Die Schere wird erbarmungslos angesetzt. Insgesamt werden die Staatsausgaben 15 Prozent niedriger ausfallen als im Vorjahr.

Was bisher geschah: