© 2011 Reiner Wandler

Die Krise als Schutzschirm für die Politik

Was kommt auf die Spanier zu? Der konservative Wahlsieger Mariano Rajoy schwieg sich dazu auch in der zweitägigen Parlamentsdebatte vor seiner Wahl zum Regierungschef weitgehend aus. Nur eines machte er klar. Er wird im kommenden Jahr 16,5 Milliarden Euro einsparen, um das Haushaltsdefizit und die Verschuldung zu senken. Das sind zehn Prozent mehr, als die Kürzungen, die die Spanier bereits im vergangenen Jahr unter Rajoys Vorgänger, dem Sozialisten José Luis Rodríguez Zapatero über sich ergehen lassen mussten. Dieser hatte die Schere im öffentlichen Dienst angesetzt, in dem er die Gehälter kürzte, Kindergeld und die Hilfe für Langzeitarbeitslose gestrichen, sowie das Rentenalter erhöht.

Wo Rajoy den Rotstift ansetzt, darüber wird viel spekuliert. Die Rentner zahlen nicht. Sie werden – das haben die Konservativen so im Wahlkampf versprochen – ihre Bezüge entsprechend an die Inflation angeglichen bekommen. Wo diese Mehrausgaben und die versprochenen Steuervergünstigungen für Unternehmen – die den Arbeitsmarkt ankurbeln sollen – eingespart werden, wird Rajoy wohl kaum vor März verraten. Dann wählt Andalusien, die größte der spanischen autonomen Regionen. In der Hochburg der Sozialisten, lagen die Konservativen bei den Parlamentswahlen erstmals vorn. Dies soll nicht auf der Zielgeraden verspielt werden.

Ein Blick in die Regionen, die von Rajoys Partido Popular (PP) regiert werden, lässt nichts Gutes ahnen. Dort wird die Arbeitszeit für Beamte angehoben, das öffentliche Schulsystem und das Gesundheitswesen Opfer von Stellenstreichungen. Gleichzeitig werden Krankenhäuser privatisiert und Lizenzen für Privatschulen vergeben, den Eltern gar Steuererleichterungen zugestanden, wenn sie ihre Sprösslinge privat einschulen.

Die Ideologie hinter dieser Politik ist die eines schwachen Staates, in dem jeder für sich selbst sorgt und bezahlt. Die Art und Weise, wie die EU die Krise – erfolglos – bekämpft , ist ein hervorragender Schutzschirm für die Umsetzung dieses Programms. Die Verantwortung kann auf vermeintliche Sachzwänge abgewälzt werden. Rajoy hat dies nur allzu gut verstanden.

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