© 2011 Reiner Wandler

Der Politiker von der traurigen Gestalt

Es strengt José Luis Rodríguez Zapatero sichtlich an, seinen Zuhörern auf einem Meeting der sozialistischen PSOE freundlich entgegenzulächeln, Optimismus, Vertrauen und Stärke auszustrahlen. Der spanische Noch-Ministerpräsident weiß, dass ihm selbst von denen, die ihm dort unten auf den Rängen pflichtbewusst zujubeln, nur wenige wirklich nachtrauern werden.

Nach sieben Jahren an der Macht werden bei den vorgezogenen Neuwahlen am Sonntag – allen Umfragen zu Folge – die konservative Partido Popular (PP) unter Mariano Rajoy einen historischen Sieg davontragen. Zapatero hinterlässt einen Scherbenhaufen. Die Sozialisten werden wohl mehr als ein Viertel der Abgeordneten einbüßen. Ihre Wähler in der politischen Mitte wechseln zu den Konservativen und auf der Linken zu kleineren Parteien. Die Sozialisten werden für ihre als inkompetent und unsozial empfundene Krisenpolitik abgestraft. Zapatero tritt erst gar nicht wieder an. Er überlässt die undankbare Aufgabe seinem ehemaligen Vizeregierungschef und Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba.

Was kann jemand wie Zapatero noch ins Feld führen, um sein Erbe zu beschwören? Wenig. Mit seiner Gleichstellungspolitik und der härteren Verfolgung häuslicher Gewalt habe er „dazu beigetragen den Machismus in der Gesellschaft zu verringern“, rief Zapatero bei einem seiner wenigen Wahlkampfauftritte. Dank anderer Gesetze, wie dem, das die Homoehe erlaubt, sei „Spanien jetzt ein fortschrittlicheres und toleranteres Land“.

Das, der Rückzug der Truppen aus dem Irak 2004, sowie das Ende des ETA-Terrorismus im Baskenland ist wohl alles was bleiben wird. Denn wirtschaftlich hat die Regierung Zapatero versagt. Als er 2004 an die Macht kam, boomte der Immobiliensektor. Überall wurde gebaut. Spanien schuf Arbeitsplätze, wie sonst kein anderes Land in der EU. Nur, es handelte sich um eine Spekulationsblase. Anstatt, wie immer wieder versprochen, die Wirtschaft nachhaltig umzugestalten, ließ Zapatero der Spekulation freien Lauf. Spanien spiele „in der Championsleague“ verkündete Zapatero stolz. Um dies zu unterstreichen, überwies er zwei Jahre lang jedem Steuerzahler 400 Euro zurück und das obwohl die USA – und mit ihr die restlichen Industrieländer – bereits die ersten Folgen der Finanzkrise zu spüren bekamen. Als dann auch noch die hausgemachte Immobilienblase platze, stürzte Spanien gleich doppelt ab.

Über fünf Millionen sind heute ohne Arbeit. Das sind mehr als 20 Prozent, eine Quote, die alle anderen europäischen Länder in den Schatten stellt. Unter den jungen Menschen haben gar doppelt so viele keinen Job. Um den Haushalt zu sanieren machte Zapatero fast alles wieder rückgängig, was er als soziale Verbesserungen eingeführt hatte. Das Kindergeld wurde ebenso gestrichen, wie die Hilfen für Langzeitarbeitslosen. Im öffentlichen Dienst wurden Löhne und Gehälter gekürzt, Investitionen auf Eis gelegt, das vorbildliche Fördersystem für erneuerbare Energien abgebaut. Damit strangulierte die Regierung die einzige Branche bei der Spanien weltweit mitreden kann.

„Was Jahre gebraucht hat, um es zu erreichen, kann in wenigen Tagen verloren gehen“, lautet dennoch Zapateros Aufruf, den sozialistischen Spitzenkandidaten Alfredo Pérez Rubalcaba das Vertrauen zu schenken. Dieser geht lieber auf Distanz. Nur bei einer Wahlkampfveranstaltung traten der Noch-Regierungschef und sein langjähriger Stellvertreter gemeinsam auf. Rubalcaba hat alle wichtigen politischen Entscheidungen während der Krisenjahre mitgetragen. Das würde er jetzt im Wahlkampf gerne vergessen machen. Er verspricht, die eigenen Steuererleichterungen für Wohlhabende wieder zurückzunehmen, keine öffentlichen Gelder für die Rettung der Banken zu verwenden und die Kürzungen zu überdenken, um das Land nicht „tot zu sparen“.

2004, nach seinem ersten Wahlsieg, riefen die begeisterten Anhänger Zapatero zu: „Enttäusche uns nicht.“ Jetzt hinterlässt Zapatero ein Land, das nicht nur unter einer Wirtschaftskrise leidet. Viele Spanier haben das Vertrauen in die Politiker verloren. „Sie vertreten uns nicht“, heißt eine der Parolen der „Bewegung der Empörten“. Mit Schildern auf denen „PPSOE“ gemalt steht, machen sie klar, was sie von Zapateros Erbe halten.

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