© 2011 Reiner Wandler

Transparenz und Märkte

Wem darf man in Portugal zum Wahlsieg gratulieren? Die Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Sicher, künftig wird die Sozialdemokratische Partei (PSD) unter Pedro Passos Coelho die Geschicke des Landes lenken. So zumindest suggerieren es die Ergebnisse der vorgezogenen Neuwahlen am Sonntag. Der konservative Wirtschaftswissenschaftler verspricht eine „starke Regierung“, um „enorme Schwierigkeiten zu bewältigen“. Und er verspricht „totale Transparenz“.

Sein Programm kennen alle. Es steht im Internet nachzulesen, aber nicht unter der Web der PSD sondern auf den Seiten der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds. Die Einschnitte für den Rettungsschirm und seine 78 Milliarden Euro sind allumfassend. Löhne und Gehälter, Renten, Sozialausgaben, Bildung, Gesundheitswesen, Infrastruktur, Privatisierungen, Erhöhung der Verbrauchersteuern und Abbau der Arbeitnehmerrechte …

Das Memorandum zeichneten die jetzigen Wahlsieger aber auch die Wahlverlierer von José Sócrates Sozialistischer Partei ab. Es seien Wahlen mit einem Einheitsprogramm, beschwerte sich viele im Vorfeld des Urnenganges. Über 41 Prozent der Portugiesen ganz einfach zu Hause. 4,1 Prozent stimmte ungültig oder mit einem leeren Umschlag.

Dennoch ist Wahlsieger Passos einer der wichtigsten Akteure im derzeitigen Geschehen in Portugal. Doch mit der versprochenen Transparenz hat seine bisherige Rolle wenig gemein. Er brachte die Regierung Sócrates im März zum Sturz, als seine Fraktion die Zustimmung zu einem – mittlerweile vierten – Sparprogramm verweigerte. Portugal verlor endgültig seine Glaubwürdigkeit an den Märkten. Der Gang nach Brüssel und Washington war unausweichlich. Sócrates, der über ein Jahr lang versucht hatte, eine hausgemachte Lösung zu finden, war gescheitert.

Dabei waren seine ersten Ansätze die Krise zu bewältigen so schlecht nicht. Er versuchte nicht nur die Ausgabenseite mit Kürzungen in den Griff zu bekommen, sondern die Einnahmeseite mit neuen Steuern für Besserverdienende zu korrigieren. Passos stellte sich von Anfang an gegen dieses Ansinnen und gab damit den Ratingagenturen die Vorlage für wiederholte Herabstufung.

Den endgültigen Bruch im Parlament vollzogen die Konservativen just in jenem Augenblick als einheimische und ausländische Gläubigerbanken die Flucht unter den Rettungsschirm verlangten und mit einem völligen Kreditstopp drohten. Marktdemokratie 2011.

Was bisher geschah: