© 2011 Reiner Wandler

Polizei gegen Anonymous

Die spanische Polizei hat laut einer Erklärung vom Freitag drei mutmaßliche Anonymous-Hacker verhaftet. Bei der Operation in Barcelona, Alicante und Almería sei die spanische „Führungsspitze“ der Bewegung festgenommen worden. Es wurden Computer beschlagnahmt. Die Verhafteten sollen direkt für Cyberangriffe auf Webs von politischen Institutionen, Parteien und Unternehmen verantwortlich sein. „Die Ermittlungen sind die ersten dieser Art gegen Anonymous in Spanien“, erklärt die Polizei. Sie stünden in einer Reihe mit Fahndungserfolgen im Vereinigten Königreich und den USA.

Einer der drei Verhafteten, ein 31-jähriger Matrose auf einem Handelsschiff, habe in seiner Wohnung einen Server betrieben, von dem aus die Hackerangriffe gestartet worden seien. Unter anderem seien das Online-Geschäft von Playstation, mehrere spanische Großbanken, der italienische Stromversorger ENEL, sowie mehrere arabische Regierungen unter den Opfern. Im Rahmen des arabischen Frühling wurden offizielle Webs unter anderem in Ägypten, Tunesien, Algerien und Libyen lahmgelegt.


Außerdem beteiligte sich die Hackerbewegung an Attacken im Rahmen der Jugendproteste in Spanien. Im Laufe der #spanishrevolution – wie sich die Bewegung gegen die Krisenpolitik, Jugendarbeitslosigkeit und für einen Ausbau der Demokratie nennt – wurden vor den Gemeinderatswahlen am vergangenen 22. Mai die Internetauftritt der konservativen Partido Popular, der Wahlbehörde sowie des spanischen Senats vorübergehend lahmgelegt. Nach dem Versuch das Protestcamp in Barcelona mit einem brutalen Polizeieinsatz aufzulösen, kam auch die Seite der katalanischen Autonomiepolizei ins Visier der Hacker.

Bereits vor mehreren Monaten, als die Regierung erfolglos versuchte eine Gesetz gegen Raubkopierer durchs Parlament zu bringen, brachen unter anderem die Seiten der spanischen Autorenvereinigung und des Parlaments zusammen. Die Methode war meist die gleiche. Es werden so viele Seitenaufrufe generiert, das die Webs dem Datenverkehr nicht bewältigen können. Das Verfahren ist relativ einfach und nur schwer zu stoppen, da der Angriff zu einem fest vereinbarten Zeitpunkt von unzähligen Computern überall auf der Welt gestartet wird. DDoS heißt dies im Hackerjargon.

Was lange nur eine nur schwer zu greifende virtuelle Bewegung war, tritt in Spanien seit dem 15. Mai, als die ersten Großdemonstrationen unter dem Motto „Echte Demokratie Jetzt!“ weit über 100.000 Menschen im ganzen Land auf die Straße brachten, mit Videos auf, in denen die aktuelle Entwicklung der Bewegung 15M und die Protestcamps kommentiert und unterstützt werden.

Anonymous gehört zur Plattform „Echte Demokratie Jetzt!“, die die Proteste über Facebook koordiniert. Die nächste Großdemonstrationen sind für den 19. Juni angesetzt. Auf den Protestmärschen in Spanien ist die Maske von Anonymous längst zum Symbol der Rebellion gegen das System geworden.

„Die Erklärung der Polizei spricht für sich“, erklärt einer der Mitbegründer von „Echte Demokratie Jetzt!“, Jon Aguirre. „Sie benutzt den Ausdruck ‚Führungsspitze‘, den wir aus der Bekämpfung terroristischer Vereinigungen kennen. Anonymous ist eine horizontale Bewegung. Es gibt keine Führer“, beschwert sich der 26-jährige Architekt aus Madrid. Für ihn sind die „surrealen Verhaftungen“ ein „klarer Angriff gegen die Meinungsfreiheit und die Bewegung 15M“.

Was bisher geschah: