© 2011 Reiner Wandler

Ausgemerkeltes Spanien

Spaniens Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero war sichtlich zufrieden, als er Mittwoch den Sozialpakt unterzeichnete. Es gab nur wenig gute Presse im letzten Jahr. Die Umfragewerte sinken angesichts der Krise ins Bodenlose und in der sozialistischen PSOE wird schon offen debattiert, wer Zapatero ablösen könnte. Grund genug die Unterschriftszeremonie eines „Paktes zur Krisenbekämpfung und für das Wachstum“ mit den beiden großen Gewerkschaften des Landes, der sozialistischen UGT und der postkommunistischen CCOO, sowie dem Unternehmerverband CEOE ganz besonders zu genießen. Der Zeitpunkt war ebenfalls mit Bedacht gewählt. Am heutigen Donnerstag kommt die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Besuch beim europäischen Sorgenkind Spanien.

Kernstück des Paktes ist eine umfassende Rentenreform. Künftig werden auch die Spanier erst mit 67 Jahren statt wie bisher mit 65 in Ruhestand gehen. Nur wer mit 65 bereits 38,5 Jahre einbezahlt hat, muss keine zusätzlichen zwei Jahre arbeiten.

Vorbei sind auch die Zeiten, als Unternehmen Vorruhestandsregelung für 57-jährige aushandeln konnten. Künftig geht das erst mit 61 und nur unter erheblichen Verlusten bei der Rente. Außerdem wird der Berechnungszeitraum für die Höhe der Rentenbezüge verlängert. Wurden bisher die Beitragszahlungen der letzten 15 Jahre als Grundlage angesetzt, sind es künftig die letzten 25 Jahre.

Nur für Frauen mit Kindern gibt es eine kleine Verbesserung. Sie bekommen pro Kind neun Monate Erziehungszeit angerechnet. Das System sei zwar noch gesund, müsse aber auf die Zukunft vorbereitet werden, lautet die Begründung für die tiefen Einschnitte.

Auch bei Abfindungen im Falle einer Entlassung gibt es Neuerungen. So verspricht die Regierung eine Gesetz zu erlassen, um auf Unternehmensebene Fonds einzurichten, in die für jeden Arbeitnehmer pro Jahr ein bestimmte Anzahl von Tageslöhnen einbezahlt werden soll. Im Falle einer Entlassung oder eines Umzugs an einen anderen Ort, wird das Geld ausbezahlt. Vorbild für das neue System sollen die österreichische Mitarbeitervorsorgekassen sein. Diese Fonds sollen „ohne Erhöhung der Unternehmensabgaben“ eingeführt werden, heißt es im Sozialpakt. In Österreich zahlen die Arbeitgeber die Beiträge.

Der Rest des Paktes sind Absichtserklärungen. Ausbildung und Forschung sollen verbessert, ein Programm für Langzeitarbeitslose sowie Arbeitssuchende unter 30 aufgelegt werden. Außerdem verspricht die Regierung den Haushalt künftig nicht nur durch Kürzungen sondern auch durch Verbesserung auf der Einnahmeseite zu sanieren.

Massenentlassungen in krisengeschüttelten Unternehmen sollen stärkeren Kontrollen unterzogen werden. Langzeitarbeitslose, die an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen bekommen künftig 400 Euro pro Monat. In Spanien sind mittlerweile knapp 4,8 Millionen Menschen ohne Arbeit.

Während die Gewerkschaften verneinen, dass es sich beim Sozialpakt um ein Opfergabe an Bundeskanzlerin Merkel handelt, erklärte Zapatero gegenüber mehreren deutschen Tageszeitungen am Tag vor dem „wahrscheinlich wichtigsten deutsch-spanischen Gipfel der vergangenen Jahre“: „Spanien macht seine Hausaufgaben“. Die konservative Merkel hatte ihren sozialistischen Amtskollegen bereits im vergangenen Dezember für seine rigorose Sparpolitik gelobt. Die Finanzmärkte, die Spanien in den vergangenen Monaten schwer unter Druck gesetzt hatten, reagieren mit sinkenden Zinsen für Staatsanleihen.

Was bisher geschah: