© 2011 Reiner Wandler

Der Euro und die Spanier

Zehn Jahre Euro: Das ist in Spanien wie ein wilder Rausch gefolgt von einem schweren Kater. Als die europäische Währung eingeführt wurde, ging es Spanien so gut wie nie. Die Bauindustrie boomte dank einer Spekulationsblase. Die Pesete wurde da gerne abgegeben. Schließlich versprach der Euro, die D-Mark für alle. Es störte kaum jemanden, dass die Preise bei der Umstellung oft um die Hälfte stiegen.

Ein ganzes Land spielte Monopolie und alle fühlten sich reich. Der Wert der eigenen Wohnung stieg und stieg. Überall in Spanien wurde billiges Ackerland zu Baugrund. Die Banken vergaben Kredite ohne länger nachzufragen. Die Run auf Zweit- und Drittwohnung, oft nur gekauft, um damit zu spekulieren, verstärkte den Preisanstieg und damit die Immobilienblase noch. Die meisten Transaktionen auf dem Immobilienmarkt kamen nur zustande, nachdem ordentlich Schwarzgeld die Seiten gewechselt hatten.

Je stärker die Währung, um so mehr Spanier reisten – oft zu den Schlussverkäufen dieser Welt. Ob New York oder London, die großen Kaufhäuser und die noblen Boutiquen waren fest in der Hand von Kurzurlaubern von der iberischen Halbinsel.

Der beste Indikator für den Rausch verursacht durch die Immobilienblase, ist der 500-Euro-Schein. Nur wenige haben ihn je gesehen und dennoch gibt es ihn in Spanien mehr als sonstwo im Euroland. Knapp 30 Prozent aller 500er befinden sich in Spanien, obwohl das Land nur über 14 Prozent der europäischen Geldmenge verfügt. Rund zwei Drittel des gesamten spanischen Geldvolumens machen diese Scheine aus. Sie liegen irgendwo bündelweise unter Matratzen oder in Schließfächern.

Doch das war vor Jahren. Und nichts von alledem scheint mehr wahr. Denn seit zwei Jahren hat die Krise Spanien fest in der Hand. Der Euro sinkt in der Beliebtheitsskala. Bei Umfragen glauben mittlerweile mehr als die Hälfte der Spanier, dass mit der Pesete die Krise nicht so schlimm geworden wäre. Eine Einschätzung die den nicht verwundert, der die spanische Mentalität kennt. Alles Schlechte kommt grundsätzlich von außen. So suchen die spanischen Politiker und große Teile der Presse die Verantwortung für die Krise ausschließlich bei den USA und vergessen dabei die eigene Spekulationsblase, die früher oder später auch ohne internationale Finanzkrise geplatzt wäre.

Längst haben die Pesetennostalgiker vergessen, dass die eigene spanische Währung alles andere als eine Erfolgsgeschichte war. Jedes Mal wenn die Wirtschaft ins Stocken kam, verfiel der Kurs. Zuletzt 1993: Auf einen Schlag gab die Pesete damals gegenüber der D-Mark um 30 Prozent nach. Der Wechsel zur europäischen Währung fand zu einem Kurs von 166 Peseten für einen Euro statt. Jüngste Berechnungen ergeben, dass der Kurs bei Spaniens wirtschaftliche Lage heute ohne Währungsunion bei rund 230 Peseten zu einem Euro liegen würde.

Was bisher geschah: