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Portugal, die Zweite

Jetzt hat es auch Portugal erwischt. Der Druck der Europäischen Union macht ein zweites, wesentlich härteres Sparprogramm nötig. Die Regierung des Sozialisten José Socrates, der die Gehälter von Beamten und öffentlichen Angestellten bereits im März hatte einfrieren lassen, will den Staatsbediensteten jetzt nochmals ans Portemonnaie.

Sie sollen je nach Einkommensstufe zwischen 3,5 und 10 Prozent des Gehaltes gestrichen bekommen. Ihre Pensionsabgaben werden angehoben. Außerdem wird der Pendlerzuschlag und das Familiengeld gestrichen, die Renten eingefroren und die Mehrwertsteuer um weitere zwei Punkte auf 23 Prozent erhöht. Das verkündete Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos am Freitagabend nach einer Kabinettssitzung in Lissabon.

Bereits im Frühjahr hatte die Regierung Socrates den Steuersatz für Besserverdienende angehoben. In einem umfangreichen Privatisierungsprogramm stehen Staatsbetriebe zum Verkauf. Staatliche Investitionen wurden auf Eis gelegt. So wird der Bau der Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke ins benachbarte Spanien um zwei Jahre verschoben.

Portugal ist neben Griechenland, Irland, Italien und Spanien eines der Sorgenkinder der Europäischen Union. Das Haushaltsdefizit liegt derzeit bei 9,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Die Staatsverschuldung dürfte in diesem Jahr von 76,6 Prozent der Wirtschaftsleistung auf mehr als 85 Prozent steigen. Jeder zehnte Portugiese ist arbeitslos. Portugal muss Anlegern derzeit für eine zehnjährige Staatsanleihe eine Rendite zahlen, die drei Mal so hoch ist wie die für entsprechende deutsche Papiere.

Mit den alten und neuen Sparmaßnahmen soll das Haushaltsdefizit bis 2011 auf 4,6 Prozent und bis 2013 auf 2,8 Prozent vom BIP sinken. Außerdem soll die Kreditwürdigkeit des südwesteuropäischen Landes auf den internationalen Märkten verbessert werden. „Das wird hart, aber es muss getan werden“, erklärte Finanzminister Teixeira dos Santos.

Die Gewerkschaften machen derweilen gegen die aus ihrer Sicht unsozialen Beschlüsse mobil. Bereits Ende September waren in Lissabon 80 000 Menschen einem Aufruf der kommunistischen Gewerkschaft CGTP gefolgt. Dies sei nur eine Generalprobe gewesen, verkündeten damals CGTP-Chef Manuel Carvalho da Silva. Mittlerweile hat die kommunistische Gewerkschaft zusammen mit ihrer sozialistischen Schwesterorganisation UGT für den 24. November einen Generalstreik angekündigt.

„Das wird die Regierung nicht davon abbringen, zu tun, was getan werden muss“, gibt sich Finanzminister Teixeira dos Santos konfliktbereit. Doch bis es soweit ist, hat die Regierung Socrates noch andere Probleme. Der Sozialist verfügt im Parlament über keine absolute Mehrheit. Von links kann er nicht auf Unterstützung hoffen. Und die konservative Sozialdemokratische Partei Portugals (PSD) hat sich noch nicht geäußert, ob sie einmal mehr, wie bereits im Frühjahr, den Sparkurs mitträgt. Bisher weigern sich die Konservativen, den Haushalt fürs kommende Jahr zu unterstützen. Sollte Socrates dafür keine Mehrheit erhalten, wären Neuwahlen wohl der einzige Ausweg.

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