© 2010 Reiner Wandler

Kein Stress in Spanien

Wenn heute die europäischen Börsen öffnen, kommt für Spanien die Stunde der Wahrheit. Zwar haben die spanischen Banken den Stresstest der europäischen Banken-Aufsichtsbehörde CEBS mit Bravour bestanden, doch sind unter den sieben durchgefallen Finanzinstitute vier Sparkassenverbände und eine Sparkasse aus Spanien. Ob sich dies auf die Aktienwerte aus dem Land auf der iberischen Halbinsel auswirkt, wird heute mit Spannung erwartet. In Spanien selbst blieb die große Aufregung aus.

Der Stresstest wird als „Erfolg für das spanische Finanzsystem“ gefeiert. „Der Test war hier transparenter und umfangreicher als im restlichen Europa“, erklärt der Vorsitzenden des spanischen Bankenverbandes (AEB) Miguel Martín. Er verweist darauf, dass in Spanien 95 Prozent der Kreditinstitute teilnahmen, während sich viele andere Ländern mit den vorgeschrieben 50 Prozent zufrieden gaben.

„Außerdem war der Test hier härter“, fügt Martín hinzu. Die Prüfer des CEBS gingen im Falle Spanien von einem erhöhten Risiko durch die geplatzte Spekulationsblase in der Immobilienbranche aus. Das Stressszenario sah vor, dass das Brutto-Inlandsprodukt 2010 bis 2011 um weitere 2,6 Prozent fällt und die Arbeitslosigkeit noch einmal erheblich steigt. Außerdem legte das CEBS einen Verfall der Wohnungspreise von 28 Prozent und bei Grundstücken von 61 Prozent zugrunde. Dies würde die Sparkassen stark dekapitalisieren. Durch hohe Investitionen im Immobiliensektor sind die Kassen der fallenden Zahlungsmoral der Kreditkunden stärker ausgesetzt als die Banken. Grundstücke und Immobilien, die die Sparkassen von Gläubigern einbehalten haben, sind nur schlecht zu verkaufen und verlieren an Wert. So das Szenario, bei dem fünf spanische Kandidaten am Ende mit einer Eigenkapitalquote (Tier 1) von unter sechs Prozent dastünden.

„Das Szenario ist nur zu 0,5 Prozent wahrscheinlich“, beruhigt die spanischen Zentralbank. Und Wirtschaftsministerin Elena Salgado versichert, dass „die öffentlichen Hilfen für den Ernstfall bereitstehen“. Insgesamt bräuchten die durchgefallenen vier Kassenverbände und eine Sparkasse zwei Milliarden Euro, um im angenommen Stressfall auf einen Tier 1 von sechs Prozent zu kommen. Für den 2008 im Rahmen der Finanzkrise gegründete Sicherheitsfond (FROB) mit seinen neun Milliarden Euro ist dies leicht zu bewerkstelligen, zumal zwei Problemfälle bereits versorgt sind.

Die durchgefallene Caja Sur aus Córdoba mit einem Finanzierungsbedarf von 208 Millionen Euro wurde mittlerweile von der äußerst solventen, baskischen BBK übernommen. Und Banca Cívica, ein Verband der Sparkassen aus dem nordspanischen Navarra, den Kanarischen Inseln und der Provinz Burgos, hat am Freitag 450 Millionen Euro beim us-amerikanischen Fond J.C. Flowers aufgenommen. Die Amerikaner könne die Schulden jederzeit in Aktien der Banca Cívica umwandeln.

Solche privaten Teilhaber sind bei den öffentlichen Sparkassen erst seit wenigen Monaten möglich. Die Regierung des Sozialisten José Luis Rodríguez Zapatero hat die Gesetzgebung für die 45 Sparkassen Spaniens geändert, um den Sektor zu konzentrieren. Entstehen sollen 15 große Verbände, der Einstieg privater Anleger ist ausdrücklich erwünscht.

Die beiden größten Sparkassen Spaniens, die Caixa aus Barcelona und Caja Madrid, belegen mittlerweile Platz 2 und Platz 3 auf der Liste der größten Banken Spaniens. Beide kamen beim Stresstest mit einem blauen Auge davon. CEBS gibt für die Caixa und der ihr angeschlossen Kassen im Ernstfall eine Eigenkapitalquote von 7,7 Prozent an. Caja Madrid und ihr Verbund liegen sogar nur bei 6,3 Prozent.

Kritiker des neuen Kassensystems sehen sich durch diese Zahlen bestätigt. Sie warnen vor der Konzentration der Sparkassen. Da die die meisten Institute ähnlich stark von der Immobilienkrise betroffen seien, könnte ein Zusammenschluss die Probleme noch verstärken.

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