© 2010 Reiner Wandler

Kein Burka in Katalonien

Die Kommunalpolitiker im nordostspanischen Katalonien haben ein populistisches Thema entdeckt. Angesichts der diesen Herbst bevorstehenden Regionalwahlen und den Kommunalwahlen im Mai 2011 machen sie gegen den muslimischen Ganzkörperschleier – Burka und Niqab – mobil.

Der Stadtrat von Vendrell in der Provinz Tarragona stimmte am Freitag für das Verbot von Burka und Niqab in öffentlichen Gebäuden und Einrichtungen. Katalanische Nationalisten, die konservative Partido Popular (PP) und die offen ausländerfeindliche Plattform für Katalonien (PxC) stimmten für den Antrag. Die Abgeordneten der in Madrid regierenden Sozialisten von Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero verließen aus Protest den Saal. „Es ist eine künstliche Debatte: Hier gibt es nur eine Handvoll Personen mit Burka“, beschwert sich ihr Sprecher. 18 Prozent der 36.000 Einwohner von Vendrell sind Einwanderer.

„Wir sind nicht wie die Sozialisten in anderen Gemeinden“, fügt er dann noch hinzu. Wohl wissend, dass auch seine Sozialistische Partei gerne mit dem ausländerfeindlichen Feuer spielt. So stimmte sie im sozialistisch regierten Lleida für ein Burka-Verbot und in Barcelona, wo die Sozialisten ebenfalls den Bürgermeister stellen, soll diese Woche über das Thema debattiert werden.

Die Burka-Erlasse sind nicht die ersten Fälle von institutioneller Ausländerfeindlichkeit. In der Stadt Vic weigerte sich der Bürgermeister aus den Reihen der gemäßigt-nationalistischen Convergència i Unió (CiU), Josep María Vila d’Abadal, mit Unterstützung der Sozialisten und der ausländerfeindlichen PxC, Ausländer ohne Aufenthaltsgenehmigung beim Einwohnermeldeamt einzuschreiben. Madrid stoppte dieses Ansinnen, denn die Betroffenen hätten damit das Recht auf kostenlose Gesundheitsversorgung und auf die Einschulung ihrer Kinder verloren. Jetzt können sich die „sin papeles“ wieder einschreiben, doch das Rathaus meldet sie an die Ausländerbehörden weiter, mit Bitte um Abschiebung.

„24 Prozent könnten eine ausländerfeindliche Partei wählen“, titelte El Periódico, die zweitgrößte Tageszeitung Kataloniens, vor einem Monat. Die PxC, die seit 2007 in sieben Gemeinde- und Stadträten vertreten ist, kann damit bei den Kommunalwahlen in einem Jahr mit flächendeckenden Erfolgen rechnen. Und wenn die Umfrage recht hat, zieht mit PxC bei den Katalonienwahlen im Herbst erstmals eine rassistische Gruppierung in ein spanisches Autonomieparlament ein.

Parteiführer Josep Anglada, der sich als Stadtrat in Vic mit Kampagnen gegen den Bau von Moscheen einen Namen machte, hofft gar darauf, dass ohne PxC keine Autonomieregierung in Katalonien zustande kommen wird. Das katalanische Parlament besteht bereits jetzt aus sechs Parteien. Käme PxC und eine neue nationalistische Kraft des Vorsitzenden des FC Barcelona, Joan Laporta, hinzu, könnte die Rechnung aufgehen.

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