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Kataloniens Autonomiestatut teilweise verfassungswidrig

Das spanische Verfassungsgericht hat sein Urteil über das katalanische Autonomiestatut gefällt. Vier Jahre nachdem die konservative Partido Popular (PP) Klage eingereicht hatte, erklärte die Mehrheit der zehn Richter am Montag Abend 14 der 233 Artikel des neuen Autonomiestatutes für verfassungswidrig. 27 weitere Abschnitte wurden einer strengen Auslegung unterzogen.

Das neue Autonomiestatut war nach langen Verhandlungen 2006 vom katalanischen und vom spanischen Parlament verabschiedet worden. Bei einer Volksabstimmung in Katalonien erhielt es 73 Prozent der Stimmen. Allerdings waren nur knapp unter 49 Prozent der Wahlberechtigten an die Urnen gegangen. Das alte Statut hatte 1979 88 Prozent Zustimmung bei einer Wahlbeteiligung von 60 Prozent erhalten. Die PP klagte gegen die katalanische Landesverfassung. Sie fürchteten um die politische und soziale Einheit Spaniens.

In einigen wesentlichen Punkten gaben die Verfassungsrichter den Klägern jetzt Recht. Zwar bleibt der Begriff Nation für Katalonien auch weiterhin im Autonomiestatut bestehen. Doch habe er keinerlei rechtliche Gültigkeit, da er nur im Vorwort verwendet wird, urteilten die Richter.

Die im Statut vorgesehene Gerichtsreform wurde gekippt. Anders als im Statut vorgesehene, endet der Klageweg auch künftig nicht bei den höchsten Gerichten Kataloniens in Barcelona. Die Katalanen haben auch weiterhin das Recht, die obersten, spanischen Gerichte in Madrid anzurufen. Das gleiche gilt für den Ombudsmann für Bürgerrechte. Im Statut wurde der regionale Ombudsmann als höchste Instanz für Kataloniens Bürger bezeichnet, der Weg nach Madrid wurde ihnen verwehrt. Auch dieser Paragraph ist ungültig.

Auch mehrere Artikel, die die katalanische Sprache betreffen wurden vom Verfassungsgericht geändert. So strich es die Definition des katalanischen als „bevorzugte Sprache“. Zwar heißt es im Statut auch weiterhin, dass es die Bürger das „Recht und die Pflicht“ haben die katalanische Sprache zu nutzen. Pflicht dürfe dabei nicht als rechtlicher Zwang verstanden werden. In der Vergangenheit waren immer wieder Geschäftsinhaber mit einem Busgeld belegt worden, weil sie ihre Angebote nur auf Spanisch ankündigten.

Auch bei den Finanzen und bei der Zusammenarbeit der katalanischen und der gesamtspanischen Verwaltung nahm das Verfassungsgericht Korrekturen vor. So wurde der Abschnitt, nachdem das reiche Katalonien nur dann mit ärmeren spanischen Regionen solidarisch sein muss, wenn diese „die gleichen steuerpolitischen Anstrengungen unternehmen“, gestrichen. Die bilaterale Kommission, die Zuständigkeiten zwischen Barcelona und Madrid klärt, wird auch künftig nicht über Kompetenzen entscheiden, die eindeutig bei der Regierung und Verwaltung in Madrid liegen.

Während die PP von einer erfolgreichen Klage spricht, versucht die sozialistische Regierung von José Luis Rodríguez Zapatero die Korrektur an immerhin 17 Prozent der Artikel des Textes herunterzuspielen. „Das Statut hat 39.000 Wörter, das Gericht hat gerade einmal 300 davon beanstandet“, bediente sich gestern Justizminister Francisco Caamaño der Mathematik.

Sein Parteifreund und Chef der katalanischen Autonomieregierung José Montilla sieht dies nicht so. Er spricht von „einer schweren Verantwortungslosigkeit des Verfassungsgerichtes“. Zusammen mit den nationalistischen Partei ruft der Sozialist die katalanischen Bürger zu einer Großdemonstration, die vermutlich am 10. Juli stattfinden wird.

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