© 2010 Reiner Wandler

Eine Wohnung fern ab der Heimat

Spaniens Immobilienbranche hat mitten in der Krise eine neues Geschäft entdeckt. Ethnische Wohnungsbörsen heißt die Zauberformel, mit der Immobilien an ganz spezifische Kunden gebracht werden sollen. Nach den Rumänen und Lateinamerikanern waren am vergangenen Wochenende erstmals die chinesischen Einwanderer an der Reihe. Inmochina hieß die Börse unter der Schirmherrschaft des Chinesischen Unternehmerverbandes in Spanien. In „China Town Madrid“, einem Industriegebiet vor den Toren der spanischen Hauptstadt, in dem sich rund 700 chinesische Unternehmen niedergelassen haben, boten die Immobilienmakler der Firma Gesdalia 375 Objekte an. Die Wohnungen befinden sich alle in den Stadtteilen, in den überdurchschnittlich viele Chinesen leben. Spaniens größte Sparkasse, Caja Madrid, kümmerte sich um die dazugehörigen Kredite. „Wohnung mit bis zu 40 Prozent Rabat“, lautete der Werbeslogan der Inmochina.

Die Geschäftsidee scheint lukrativ. In Spanien leben 150.000 chinesische Einwanderer – die Hälfte davon in Madrid. Es ist die Immigrantengruppe, die am schnellsten wächst. Und während jeder fünfte Spanier arbeitslos ist, haben fast alle Chinesen einen Job. Sie leben und arbeiten in ihrer eigenen Welt. Drei Prozent der Einwanderer nennen ein Textilgeschäft ihr eigen. Hinzu kommen Restaurant, Lebensmittelhändler und Läden für allerlei mehr oder weniger Nützliches zu kleinen Preisen.

„Wir sprechen mit der chinesischen Gemeinschaft auf du und du“, erklärt der Verantwortliche der Börse von Gesdalia, Carlos Giménez. Um der chinesischen Gemeinschaft Wohnungen zu verkaufen, gilt es so manche kulturelle Hürde zu nehmen. Die Sprachbarriere ist das noch die Leichteste. Zwei lächelnde Personen empfingen die potentiellen Kunden an jedem Stand der Inmochina – ein spanischer Makler mit seine chinesischen Übersetzerin. Doch während sich die Spanier bereitwillig hoch verschulden, um in den eigenen Vier- Wänden statt zur Miete zu wohnen, ist dies für die chinesischen Wohnungssuchende Neuland.

„Die Chinesen sind es nicht gewohnt sich zu verschulden, sie zahlen normalerweise bar. Sie kommen aus einem Land, in dem der Wohnungsmarkt ganz anders funktioniert“, weiß die Sprecherin des Unternehmerverbandes, Qiaonan Liu. Doch bei Wohnungspreisen auf der Inmochina zwischen 75.000 und 350.000 Euro braucht es eben einen Kredit. Deshalb hat auch Caja Madrid chinesisches Fachpersonal angeheuert. Neben dem Kreditgeschäft trat Caja Madrid auch als Wohnungsverkäufer auf. Die Sparkasse sitzt mittlerweile auf 7.000 Wohnungen, die sie dringend loswerden will. Sie stammen von Kunden, die im Laufe der Wirtschaftskrise zahlungsunfähig wurden und ihre Vier-Wände an Caja Madrid abtreten mussten.

Die erste Bilanz fällt positiv aus. Gesdalia will deshalb auch weiterhin chinesische Übersetzerinen beschäftigen. Denn unter den mehreren Tausend Besuchern hätten sich 250 ernsthaft interessierte Kunden befunden. In den nächsten Tagen werden sie mit den Maklern die Objekte besuchen. Wenn alles klappt werden sie bald von der Mietwohnung in Madrider Eigenheim umziehen können. Willkommen im Club der Spanier mit einer Hypothek.

Was bisher geschah: