© 2010 Reiner Wandler

Spanien taumelt

Spanien befindet sich im Auge des Orkans. Seitdem der Ökonom Nouriel Roubini, der einst den Finanzcrash vorhersagte, in Davos das Land auf der iberischen Halbinsel als «Gefahr für die Eurozone» bezeichnete, überschlagen sich die schlechten Nachrichten. Die Madrider Börse brach am 4. Februar um sechs Prozent ein und hat sich seither nicht wieder erholt. Auch eine Rede, in der Spaniens Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero versicherte, sein Land «sei ernst zu nehmen, und kommt seinen Verpflichtungen nach», konnte das Misstrauen der Märkte nicht besänftigen. Bei den Versteigerungen der spanischen Staatsschulden, steigen die Zinsen unaufhörlich. Spanien, einst dank überdurchschnittlicher Wachstumsraten durch den Bauboom, Vorbild für Konservative und Neoliberale, ist jetzt neben Griechenland und Portugal eines der EU-Sorgenkinder.

«Das Problem Spaniens ist die Glaubwürdigkeit», schreibt die Wirtschaftszeitung Expansión. «Die Regierung sagte ein Defizit von 5,2 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) für 2009 vorher. Dann wurde dies auf 9,5 Prozent korrigiert und letzlich waren es 11,4 Prozent.»

Da hilft es auch nichts, dass Zapatero in den vergangenen Tagen in aller Eile Maßnahmen aus dem Hut zauberte. So will er jetzt das Rentenalter von 65 auf 67 Jahre erhöhen, und das, obwohl die Regierung bisher immer versicherte, die Sozialkassen seien so gesund wie sonst kaum in Europa.

Ausserdem kündigte der sozialistische Regierungschef Kürzungen von 50 Milliarden Euro an. Dadurch soll der Haushalt bis 2013 saniert werden. Wo genau die Schere angesetzt werden soll, darüber schweigt er bisher. Doch wer den Haushalt anschaut, bemerkt, dass unter anderem die Forschungsgelder zusammengestrichen wurden.

Auch die Gewerkschaften sehen die Regierungspolitik mit Sorge. Sie sind mit ihrer Geduld am Ende. 20 Prozent der Spanier sind mittlerweile ohne Arbeit. Der gesamte Bausektor ist zusammengebrochen. Das Hotel und Gaststättengewerbe leidet ebenso unter der Krise wie der Einzelhandel. Die Automobilindustrie funktioniert, ähnlich wie in Deutschland, nur dank Abwrackprämien. Das Wort Generalstreik ist in aller Munde.

Im benachbarten Portugal sieht es nicht viel besser aus. Auch hier sehen die internationalen Agenturen die Staatsverschuldung als riskant an. Das Defizit lag 2009 bei 9,3 Prozent des Bruttoinlandproduktes. Nach mehreren gescheiterten Abstimmungen im Parlament gelang es der Regierung des Sozialisten José Socrates vergangenen Donnerstag, eine Mehrheit für sein Sparprogramm zu bekommen. Auch Portugal verspricht, bis 2013 den Staatshaushalt zu sanieren. Das wird nicht ohne Konflikte gehen. Denn der Sparplan sieht einen Lohnstopp im öffentlichen Dienst vor.

Zapateros Regierung sieht derweilen hinter dem Druck auf den spanischen Finanzmarkt eine Verschwörung britischer und amerikanischer Medien. Es gebe «einige finstere Manöver», ist sich Arbeitsminister José Blanco sicher. Laut der Tageszeitung El País vom Sonntag soll die Regierung den Geheimdienst mit Untersuchungen beauftragt haben.

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