© 2010 Reiner Wandler

Zuckerbrot und Peitsche

Spaniens Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero hat Großes vor. Er will die sechs Monate der spanischen EU-Präsidentschaft nutzen, um Europa aus der Krise zu führen. Eine europaweite „Wirtschaftsregierung“ müsse her, verkündete der Sozialdemokrat am vergangenen Freitag, als er zusammen mit EU-Präsident Herman van Rompuy und dem Kommissionspräsidenten José Manual Barroso in Madrid seine EU-Präsidentschaft vorstellte.

Anders als bisher im Lissabon-Prozess vorgesehen, soll die Koordination der Wirtschaftspolitik verpflichtend sein. Mit „Fördermaßnahmen“ aber auch „korrigierende Maßnahmen“ müssten die EU-Mitglieder dazu gebracht werden, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, damit die Union gestärkt aus der Finanzkrise hervorgehe. Zapatero verlangt ausdrücklich Sanktionen für die Länder, die gesteckte Ziele nicht erfüllen. Damit hätte die EU neben der Überwachung der Euro-Konvergenzkriterien ein weiteres Regulationsinstrument in der Hand.

Der Plan, den Zapatero unter den Namen „Strategie 2020“ stellt, soll erstmals am 11. Februar auf einem informellen EU-Gipfel zur Krisenbewältigung zur Sprache kommen. Geht es nach Zapatero, wird dann der Frühjahrsgipfel der Staats- und Regierungschefs der 27 erste Einigungen beschließen, um das Gesamtpaket beim Abschlußgipfel im Juni zu verabschieden. Zapatero spielt mit dem Gedanken, einen zusätzlichen Gipfel der 16 Länder der Euro-Zone einzuberufen.

Rompuy, der am 1. Januar das neue Amt des EU-Präsidenten übernahm, unterstützt Zapateros Idee. „Wir brauchen jetzt und in der Zukunft ein größeres Wirtschaftswachstum, um das europäische Lebensniveau beizubehalten“, erklärte der ehemalige belgische Ministerpräsident. Ihm schwebt ein Wachstum von mindestens zwei Prozent vor. Im dritten Quartal 2009 wuchs die Union der 27 um 0,3 Prozent und die 16 Mitglieder der Eurozone um 0,4 Prozent.

Doch nicht überall in Europa stößt Zapateros Idee auf Zustimmung. Während Frankreich in den vergangenen Jahren immer wieder für eine verbindlichere Koordinierung der Wirtschaftspolitik eintrat, stehen London und Berlin dieser Idee kritisch gegenüber. Am deutlichsten wurde Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle. „Den Vorschlag, die Mitgliedsstaaten zu sanktionieren, wenn sie die vorgegebenen Ziele nicht erfüllen, halte ich nicht für sinnvoll“, teilte der pfälzer Liberale mit. Er will die bisherige Lissabon-Strategie, mit ihrem „partnerschaftlichen Ansatz ohne Sanktionen“ weiterhin verfolgen. Zwar unterstützt auch Brüderle eine effektivere Koordination der Wirtschaftspolitik, warnt aber davor „hierfür eine neue Bürokratie zu schaffen. In Berlin dürfte auch die Befürchtung die „gemeinsame Wirtschaftsregierung“ könne die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank beschneiden, eine wichtige Rolle spielen.

Auch aus seinem eigenen Land bekommt Zapatero Kritik zu hören. Der wirtschaftspolitische Sprecher der konservativen Opposition, Cristóbal Montero, wirft Zapatero vor, nichts als „die Arbeitslosigkeit und ein schwaches Land“ vorzeigen zu können. „Spanien durchlebt eine wirtschaftliche Rezession, die wir so gut wie hinter uns haben, falls wir nicht schon raus sind“, erwidert Zapatero. Die jüngsten Zahlen sprechen dagegen. Spanien ist mit knapp 20 Prozent Arbeitslosen und einem negativen Wachstum von – 4,0 Prozent im dritten Quartal 2009 eines der Schlusslichter der Union.

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