© 2010 Reiner Wandler

Todespilot fliegt heim

Argentinien wird mit Hilfe der spanischen Justiz etwas mehr Licht in das Dunkel der Diktatur bringen. Der oberste spanische Strafgerichtshof, die Audiencia Nacional in Madrid, gab jetzt dem Auslieferungsantrag gegen den Piloten Julio Alberto Poch statt. Der 57-Jährige soll von 1976 bis 1983 als Pilot bei der argentinischen Kriegsmarine an den so genannten „Todesflügen“ teilgenommen haben. Dabei wurden Regimekritiker über dem Meer abgeworfen. 30.000 Menschen verschwanden durch diese oder andere Methoden während der Militärdiktatur unter General Jorge Rafael Videla spurlos.

Die Audiencia Nacional glaubt, dass „es Anzeichen für eine Anklage gibt“. Demnach soll Poch nicht nur an den „Todesflügen“ teilgenommen haben, sondern auch an „illegalen Festnahmen“. Die Betroffenen Regimekritiker seien daraufhin in das berüchtigte Folterzentrum in der Marineingenieursschule (ESMA) in Buenos Aires gebracht worden. Wer dort landete, überlebte nur selten. 5.000 der insgesamt 30.000 Verschwundenen sollen laut Menschenrechtsorganisationen in der ESMA gefoltert worden sein.

Die Audiencia Nacional stellt nur eine Bedingung: Poch darf nicht zu lebenslanger Haft verurteilt werden, sondern nur zu der „nächst geringeren Strafe“. In Spaniens Strafgesetzbuch ist eine lebenslange Haft nicht vorgesehen. Die Höchststrafe beträgt 20 Jahren und bei mehreren, schweren Delikten darf die längste Haftzeit 40 Jahre nicht überschreiten.

Poch, der die argentinische und holländische Staatsangehörigkeit besitzt, stimmt seiner Auslieferung zu, um sich „verteidigen zu können“. Er sei unschuldig, behauptet Poch immer wieder. Als Marinepilot sei er nie der ESMA zugeteilt worden. Er hoffe auf „ein gerechtes Verfahren“, erklärt der Pilot, der nach seiner militärischen Laufbahn bei der KLM/ Air France-Tochter Transavia arbeitete. Ihm wurde ausgerechnet sein letzter Einsatz vor der Rente zum Verhängnis. Er war am vergangenen 22. September verhaftet worden, als er im westspanischen Valencia seine Maschine besteigen wollte, um nach Holland zurückzukehren.

Bis zuletzt hatte Poch versucht, eine Auslieferung nach Holland zu erwirken. Doch die holländische Justiz blieb untätig. „Ich bin ein politischer Häftling“, beschwerte sich Poch immer wieder. „Holland will aus politischen Gründen einen Staatsbürger loswerden, ohne diesem die Möglichkeit zu geben, sich zu verteidigen“, fügt er hinzu. Poch spielt damit auf das holländische Königshaus an. Der Vater von Máxima Zorreguieta, der Gemahlin von Thronfolger Wilhelm Alexander, Jorge Zorreguieta, ist Argentinier. Er hatte zu Zeiten der Diktatur leitende Posten inne.

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