© 2009 Reiner Wandler

Zwangsernährung statt Diplomatie

 

Madrid: Solidarität mit der Westsahara und Aminatu Haidar
Spanien schmeißt im Falle Aminatu Haidar das Handtuch. Anstatt den Druck auf Marokko zu erhöhen, damit die nach Lanzarote abgeschobene Menschenrechtsaktivistin in die Westsahara zurückkehren kann, denkt die Regierung über eine Zwangsernährung der 43-Jährigen, die sich seit 22 Tagen im Hungerstreik befindet, nach. „Wir werden einen Amtsarzt schicken. Dann wird ein Richter entscheiden“, erklärte ein Sprecher des Aussenministeriums gegenüber der taz.

„Das sind Methoden wie in Marokko“, beschwert sich Haidar, die bereits am Sonntag einen Amtsarzt wegschickte. „Ich möchte nicht ins Krankenhaus. Ich bin Herr meines Willens und meines Handelns“, bekräftigte die „sahrauische Gandhi“, wie Haidar wegen ihres mutigen Kampfes in der seit 1975 von Marokko besetzten, ehemaligen spanischen Kolonie Westsahara genannt wird.

Marokkos Grenzpolizei nahm Haidar am 14. November nach einer US-Reise auf dem Flughafen in El Aaiún, der Hauptstadt der Westsahara, den Pass ab. Anschließend wurde sie nach Spanien abgeschoben. Seither ist sie im Hungerstreik. Haidar befinde sich in einem sehr schlechten Allgemeinzustand, erklärt ihr Arzt.

Spaniens Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero schließt ein Eingreifen des spanischen Königs Juan Carlos aus. Dabei wäre er der einzige, der mit Marokkos Monarchen Mohamed VI. verhandeln könnte. In Marokko laufen alle Fäden beim König zusammen. Gespräche auf Aussenministerebene, wie sie Madrid führt, müssen da erfolglos bleiben. Auch an ein Gesuch an US-Staatssekretärin Hillary Clinton, sich für Haidar stark zu machen, sei nicht gedacht, erklärt der Sprecher des spanischen Aussenministeriums. Und das obwohl die USA in der Vergangenheit erfolgreich zwischen Rabat und Madrid vermittelt hat.

Marokko droht derweilen Spanien mit einem Ende der Beziehungen: Madrid müsse sich entscheiden zwischen „der Zusammenarbeit mit einem Marokko, das in der Lage ist zu kontrollieren, was in seinem Staatsgebiet passiert und die Plagen bekämpft, die auch Spanien betreffen“ und „einer Region, deren Gefahren auch Auswirkungen auf Spanien und Europa haben“, erklärt der enge Freund von König Mohamed VI. und Vorsitzende der Partei für Authentizität und Modernität Fouad Ali el Himma. Er redet von „illegaler Einwanderung, Drogenhandel, Extremismus und Terrorismus“. Dies ist eine deutliche Warnung. Denn bei den Anschläge auf Pendlerzüge in Madrid 2004 kamen die meisten Täter aus Marokko. 192 Menschen verloren damals ihr Leben.

Der Generalsekretär der Polisario und Chef der sahrauischen Exilregierung, Taleb Omar, sprach gestern vom „Ende des friedlichen Wegs“ falls Haidar sterben sollte. Ein „katastrophales Ende“ Haidars werde „die gesamte Region destabilizieren“, erklärte er im spanischen, staatlichen Radio.

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